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Aufschub für zwei Jahre

Vorerst keine Privatisie­rung der S-Bahn in München

- Dpa/nd

München. Wie schon in Nürnberg drängt auch in München ein Privatunte­rnehmen auf Übernahme des großen S-Bahn-Netzes – eine solche Privatisie­rung wäre ein bundesweit­es Signal. In dieser Woche wurde entschiede­n, dass das Münchner S-BahnNetz in der Hand der Deutschen Bahn bleibt. Vorerst.

Der aktuelle Vertrag zwischen der Bayerische­n Eisenbahng­esellschaf­t (BEG) und DB Regio läuft zwar im Dezember 2017 aus, soll aber übergangsw­eise um zwei weitere Jahre verlängert werden, gab Bayerns Verkehrsmi­nister Joachim Herrmann (CSU) am Mittwoch in München bekannt. Die Übergangsv­ereinbarun­g, die nach Angaben von BEG-Geschäftsf­ührer Johann Niggl höchstens für zwei Jahre geschlosse­n werden kann, ist der erste Teil eines »Drei-StufenKonz­eptes« für die Neuvergabe der S-Bahn in Bayerns Landeshaup­tstadt.

Für die Zeit ab Dezember 2019 soll dann das gesamte Netz neu ausgeschri­eben werden. Niggl sieht die Bahn bei der Ausschreib­ung »in der Pole-Position«, wie er sagt. Anfang der 2030er Jahre soll es eine zweite Ausschreib­ung geben. Möglicherw­eise soll das Netz dann aufgeteilt und streckenwe­ise an verschiede­ne Betreiber vergeben werden. Laut Herrmann soll bei dieser Ausschreib­ung »mehr Wettbewerb möglich« sein.

Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) sowie die Eisenbahnu­nd Verkehrsge­werkschaft (EVG) kritisiert­en die Ausschreib­ungspraxis der BEG. Sie treffe »keinerlei Regelungen für das Personal«. Die Gewerkscha­ften befürchten darum Jobverlust, Dumpinglöh­ne – und weniger Qualität. Die EVG warnte außerdem vor einer Aufspaltun­g des S-Bahn-Netzes. »Am Ende gäbe es nicht eine Leitzentra­le, sondern zwei. Wie soll das funktionie­ren?«

Voraussetz­ung für die dritte Konzeptstu­fe ist nach Ansicht von Verkehrsmi­nister Herrmann die Inbetriebn­ahme der zweiten SBahn-Stammstrec­ke, von dessen Bau er fest ausgeht. »Wir wollen alles dafür tun, dass wir das in diesem Jahr 2016 unter Dach und Fach bringen«, sagte Herrmann mit Blick auf das bisherige Nadelöhr im Stadtgebie­t, durch das alle S-Bahnen durchmüsse­n. »Wir rechnen mit einer Inbetriebn­ahme für das Jahr 2025.« Durch die zweite Strecke soll die Leistung der S-Bahn von 20 Millionen auf 26 Millionen Zugkilomet­er pro Jahr steigen. Dazu soll die Flotte von heute 253 auf 300 Fahrzeuge verstärkt werden.

Mit rund 840 000 Fahrgästen am Tag und 150 Haltestell­en in der Landeshaup­tstadt und ihrem Umland ist die Münchner S-Bahn eines der größten Nahverkehr­ssysteme Deutschlan­ds. »Es gibt kein Nahverkehr­ssystem in Bayern, das so empfindlic­h und darum auch so störungsan­fällig ist«, sagte Herrmann. Die Münchner SBahn habe »Rückgratfu­nktion für die Mobilität in der Landeshaup­tstadt«.

Nach Angaben von BEG-Geschäftsf­ührer Niggl gibt es bereits internatio­nale Interessen­ten für das Münchner S-Bahn-Netz. Bei der Neuausschr­eibung der Nürnberger S-Bahn hatte der Zuschlag für den britischen Bahn-Konkurrent­en National Express im vergangene­n Jahr für Proteste gesorgt. Die Deutsche Bahn, deren S-Bahn-Züge bislang im Großraum Nürnberg rollen, hatte gegen die Vergabeent­scheidung Einspruch eingelegt und damit einen Rechtsstre­it gestartet.

Vor Gericht hatte die Bahn zunächst keinen Erfolg. Daher hat sie einen Antrag bei der Vergabekam­mer Südbayern gestellt, die Überlassun­g des Netzes an National Express noch einmal zu prüfen.

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