Brüssel beschwört »Geist der Solidarität«
Anhaltend hohe Zuwanderungszahlen lassen die EU-Kommission in Besorgnis ausbrechen
Die Migrationszahlen bleiben weiter hoch, die EU-Aufnahmebereitschaft ist eher gering. Brüssel warnt beunruhigt. Berlin. Der Exekutivdirektor der Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, erwartet in diesem Jahr ähnlich hohe Flüchtlingszahlen wie 2015. Leggeri sagte am Dienstag in Berlin, wenn die Zahlen auf diesem Stand blieben, wäre dies »kein schlechtes Jahr«. Die Fluchtursachen, allen voran der Konflikt in Syrien, aber auch die instabile Lage in Libyen, blieben erhalten. 2015 seien nach Schätzungen insgesamt 1,8 Millionen irreguläre Einreisen in den Schengen-Raum vollzogen worden, in der Zahl seien aber Mehrfach-Registrierungen enthalten. In diesem Jahr habe es bereits 82 000 irreguläre Grenzübertritte nach Griechenland gegeben.
Die Erfahrung der letzten Monate habe gezeigt, dass es keine einzelne Lösung geben könne. »Alle EU-Mitgliedsstaaten müssen mitmachen, nicht nur Deutschland oder ein paar Länder«, sagte Leggeri. Vorrangig sei weitere Unterstützung für Griechenland und Italien bei der Einrichtung der »Hotspots« zur Registrierung von Migranten.
Unterdessen hat Mazedonien am Dienstag seine zeitweise ge- schlossene Grenze wieder für Migranten aus Syrien und Irak geöffnet. Dies sagte eine Sprecherin des UN-Hilfswerks UNHCR am griechisch-mazedonischen Übergang von Idomeni. Syrer und Ira- ker dürften wieder passieren, es gehe aber alles sehr langsam. Am Vormittag hatten die griechischen Behörden größtenteils Afghanen und andere Migranten, die in Mazedonien als Wirtschaftsmigranten abgewiesen werden, vom Grenzübergang Idomeni ins Landesinnere gebracht.
Angesichts der Zuwanderungssituation befürchtet die Brüsseler EU-Kommission eine Krisen-Eskalation insbesondere in Griechenland. Die Entwicklungen entlang der Balkanroute böten Anlass zur Sorge, erklärte Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung mit dem zuständigen niederländischen Minister Klaas Dijkhoff. Die Niederlande haben derzeit den Vorsitz unter den EU-Staaten.
Die Länder der Balkanroute müssten die europäischen Regeln befolgen, die »Politik des Durchwinkens« beenden und die Auswirkungen ihrer Handlungen auf Nachbarstaaten beachten. Planungen für den Notfall seien nötig, die EU-Kommission bereite sich ebenfalls auf Unterstützung und Koordinierung beim Grenzschutz vor. Die Staaten müssten »im Geiste geteilter Solidarität und Verantwortung« handeln. Eine Sprecherin hatte zuvor erklärt, die Kommission sei »beunruhigt, weil einige Mitgliedsstaaten außerhalb des vereinbarten Rahmens« handelten.
»Alle Staaten der EU müssen mitmachen, nicht nur Deutschland oder ein paar Länder.«
Fabrice Leggeri, Frontex