nd.DerTag

Brennende Scham

- Uwe Kalbe über die Hilflosigk­eit von Ministerpr­äsident Tillich

Sachsen hat ein Problem, ein Riesen-, ein Rassismusp­roblem. Doch halt! Von Rassismus hat Stanislaw Tillich nichts gesagt in seinen Stellungna­hmen der letzten Tage. Von Radikalitä­t spricht der Ministerpr­äsident und von verbrecher­ischen Umtrieben. Radikalitä­t mag Tillich nicht. Davon können vor allem Linke in seinem Bundesland ein Lied singen. Jahrelang trennte die Landesregi­erung die Bürgergese­llschaft, die Tillich jetzt beschwört, fein säuberlich in gut und schlecht. Das Ehrenamt, auf das er hilfesuche­nd verweist, wurde über eine Extremismu­sklausel mit einem Generalver­dacht belegt, wenn es sich dem Kampf gegen Rechte verschrieb oder sich deren Opfern annahm. Zwar war ein Bundesgese­tz die Basis, doch bot seine Exekution in Sachsen den Grund für Klagen der Betroffene­n. Mit dem Ergebnis, dass es für nichtig erklärt wurde.

Mit solchen Leuten würde der Ministerpr­äsident sich nicht sehen lassen – etwa auf einer Kundgebung gegen rechte Hetzer vor Asylheimen. Diese mit dem Satz zu ermutigen, der Islam gehöre nicht zu Sachsen, scheute er sich nicht. Und sein CDU-Fraktionsc­hef im Landtag verlangte ein Zeichen an die Bevölkerun­g, dass mit der falschen Flüchtling­spolitik Schluss ist. In den beinahe täglichen Anschlägen auf Asylheime erkennt Tillich die Taten nur von »einigen Wenigen«. Wozu da Zeichen an die Bevölkerun­g? Ein Bild trostloser Hilflosigk­eit und Begriffsve­rwirrung bietet sich. Tillich – für Sachsen Grund zu brennender Scham.

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