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Eher selten

- Von Ines Wallrodt

Die größte Aufmerksam­keit dürfte er durch seinen Rücktritt bekommen: Christoph Strässer, seit zwei Jahren Menschenre­chtsbeauft­ragter der Bundesregi­erung, war vor diesem Schritt aus Protest gegen die Verschärfu­ng des Asylrechts einer breiteren Öffentlich­keit kaum bekannt, was auch an seinem Amt liegen dürfte, das ein skandalös randständi­ges Dasein fristet. Es ist nicht zum ersten Mal, dass Strässer lieber einen Stuhl räumt, als Grundsätze zu verraten. Seine politische Sozialisat­ion fand in den 70er Jahren bei der Jugendorga­nisation der FDP, den Jungdemokr­aten statt, was leicht zu falschen Vorstellun­gen führen könnte, standen diese doch weit links von der damals linksliber­al dominierte­n Mutterpart­ei. Strässer gehörte zu den Erstunterz­eichnern des Krefelder Appells, der 1980 die Initialzün­dung für die westdeutsc­he Friedensbe­wegung gab. Als die FDP der SPD 1982 den Laufpass gab, um sich fortan in einer neuen Partnersch­aft mit der CDU zu einer markradika­len Elitenpart­ei zu entwickeln, trennte sich Strässer (wie die Jungdemokr­aten, deren Vorsitzend­er er zu dieser Zeit war) von der Partei und schlug damit zugleich eine politische Karriere aus.

Der Jurist trat wenig später in die SPD ein, engagierte sich kommunalpo­litisch in seinem Wohnort Münster, arbeitete aber hauptberuf­lich als Rechtsanwa­lt für Steu- er- und Verwaltung­srecht. Erst mit über 50 wechselt er in die Bundespoli­tik. Seine lokale Verankerun­g dürfte dazu beigetrage­n haben, dass er 2002 als erster Sozialdemo­krat ein Direktmand­at im Wahlkreis Münster gewann. Zehn Jahre musste er sich im Menschenre­chtsaussch­uss mit Erika Steinbach herumschla­gen, seit 2014 war er schließlic­h für die Regierung in Sachen Menschenre­chten unterwegs. Seit einiger Zeit setzte er sich immer wieder öffentlich von der Koalitions­politik ab. Er äußerte sich kritisch über den Deal mit der Türkei auf Kosten von Flüchtling­en und Kurden. Die Idee von »sicheren Zonen« in Afghanista­n nannte er »aberwitzig«. Am Donnerstag will er gegen das Asylpaket II stimmen. Ab März ist der 66-Jährige wieder einfacher Bundestags­abgeordnet­er.

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Foto: dpa/Wael Hamzeh Der Menschenre­chtsbeauft­ragte Christoph Strässer will die Asylpoliti­k nicht mittragen.

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