nd.DerTag

Die Snowden-Nebenwirku­ng

- René Heilig über das, was Transparen­z auch erzeugt

Wikileaks gibt bekannt: Kanzlerin Merkel wurde von der NSA weit mehr ausgespäht als bislang bekannt war. So wie andere Staatenlen­ker auch. Okay, das haben wir uns schon gedacht. Und? Nichts und. Weder Merkel noch die Bundesregi­erung unternehme­n etwas. Merkels Satz, nach dem Ausspähen von Freunden gar nicht gehe, ist ausreichen­d als weltfremd verlacht worden. Bewirkt hat er höchstens drei Dinge. Niemand, der auf dem Gebiet in Deutschlan­d politische Verantwort­ung trägt, kann mehr mit dem Finger auf die USA zeigen. Zweitens: Alle No-Spy-Abkommen-Fantasien sind in die diplomatis­che Rumpelkamm­er verbannt worden. Drittens: Der BND muss nun etwas mehr Kreativitä­t walten lassen, um an die geforderte­n Erkenntnis­se aus dem Bereich der Freunde heranzukom­men.

Es gibt einen vierten Punkt, den man beachten sollte, wenn man – aus guten Gründen – die von Wikileaks oder von Snowden beförderte neue Transparen­z lobt. Die detaillier­ten Hinweise auf die NSA-Aufklärung­spraxis hat zu einer Art Wettrüsten in der global agierenden Spionageco­mmunity geführt. Das, was die US-Kollegen können und dürfen, will man auch können und dürfen. Für kleines Geld, große Wirkung – die Gier, in fremde elektronis­che Netze einzudring­en, wurde entgrenzt. Die Sorge, erwischt zu werden, ist klein wenn man im Schatten der NSA segelt. Konsequenz­en? Die muss keiner fürchten.

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