Erste Hilfe in der Elektrosprechstunde
Ein Reparaturcafé in Leipzig hilft Bastlern mit Wissen und Werkzeug weiter
Was haben ein defekter Drucker und eine stotternde Kettensäge gemeinsam? – Beide können in dem Leipziger Café kaputt wieder zum Laufen gebracht werden.
Der Toaster ist kaputt, was nun? Eine Reparatur lohnt sich finanziell nicht. Aber wahrscheinlich ist es nur eine Kleinigkeit. Deshalb den Toaster wegwerfen und einen neuen kaufen?
Leipziger können mit einem solchen Problem ins Café kaputt gehen, einem Projekt des Vereins leben.lernen.leipzig, in Lindenau. Wie der Name andeutet, kann man hier kaputte Dinge hinbringen und sie unter sachkundiger Anleitung selbst reparieren. Denn oft hat man zu Hause nicht das richtige Werkzeug, zum Beispiel einen Lötkolben. Und das professionelle Wissen fehlt auch.
»Jeder muss letztendlich das defekte Gerät aber selbst reparieren«, stellt Julia Löser klar. Keinesfalls soll die Werkstatt dazu dienen, nur Geld zu sparen und andere mal machen zu lassen. Den Initiatorinnen geht es darum, etwas gegen die Wegwerfgesellschaft zu tun. Sie bieten im »Bildungsprojekt für nachhaltige Entwicklung« auch entsprechende Workshops zum Beispiel in Leipziger Schulen an, in denen sie das Konsumverhalten kritisch hinterfragen. Wie viel Energie kostet die Herstellung eines T-Shirts, welchen Lohn er- halten die Näherinnen in Bangladesch? Brauchen wir wirklich ständig ein neues Smartphone, wie die Händler behaupten?
Reparaturcafés gibt es mittlerweile in ganz Deutschland, vor allem in den Großstädten. Über den Verbund offener Werkstätten und das Netzwerk www.reparatur-initiativen.de tauschen sie sich aus. Ursprünglich kam die Idee aber aus Holland.
Im Leipziger Reparaturcafé gibt es etwa 25 ehrenamtliche Helfer, einige sind in der Heimwerkersprechstunde am Dienstag dabei, andere bei der Elektrowerkstatt am Mittwoch oder beim Nähen am Donnerstag. Es gibt viele Menschen, die sich nützlich machen wollen. An Helfern besteht im Café kaputt kein Mangel, wobei sich die Initiatorinnen immer über neue Mitmachende freuen. Markus Klinger ist einer von ihnen: »Ich habe im Internet vom Reparaturcafé gelesen und bin dann einfach mal vorbei gekommen. » Der gelernte Elektroanlagenmonteur besucht zurzeit die Fachoberschule. In der Elektrowerk- statt kommt er mit anderen Leuten zusammen, das gefällt ihm: »Und es macht mir Spaß, kaputte Geräte zu reparieren.«
Was wird besonders oft zum Reparieren gebracht?: Drucker, Radios, Kaffeemaschinen, aber auch Kettensägen oder Bohrmaschinen. Die Elektrosprechstunde am Mittwoch wurde wegen des großen Andrangs gerade von zwei auf vier Stunden erweitert. Beliebt ist auch die Textilsprechstunde, hier kann man zum Beispiel unter fachkundiger Anleitung einen Reißverschluss selbst einnähen. Mitorganisatorin Julia Löser: »Als Kind habe ich mit meiner Oma viel genäht, das kann ich hier anwenden.«
Die Idee zum Café kaputt hatten die Kulturwissenschaftlerin Lisa Kuhley und die Politologin Anne Neumann im Herbst 2013. Sie bauten mit Schülern der Leipziger PestalozziSchue und der Nachbarschaftsschule in den Sommerferien 2013 den Flachbau im Hinterhof der Merseburger Straße 102 zur Werkstatt aus. Eröffnet wurde das Café im Juni 2014.
Das Aufbauprojekt in den Jahren 2013 und 2014 wurde von der »Deutschen Bundesstiftung Umwelt« gefördert. Lisa Kuhley und Julia Löser haben momentan Stellen vom Bundesfreiwilligendienst, sie sind so genannte Bufdies. Ansonsten finanziert sich das Projekt durch Fördermittel, das betrifft vor allem die Bildungsworkshops. Im vergangenen Jahr gab
Den Initiatorinnen des Reparaturcafés geht es darum, etwas gegen die Wegwerfgesellschaft zu tun.
es eine Förderung vom Engagement Global, Brot für die Welt und dem Katholischen Fonds. Die Reparatursprechstunden und alles Organisatorische drum herum läuft auf Spendenbasis.
Jeder, der hier etwas repariert, kann das kostenlos tun. Denn den Macherinnen ist wichtig, im Projekt auf gegenseitige Hilfe zu setzen, das Geben vom Nehmen zu entkoppeln und so ein bisschen Nichtkommerzialität zu leben und auszuprobieren. Julia Löser: »Aber natürlich freuen wir uns über eine Spende.« Werkzeug und Nähmaschinen sind Spenden von Leuten, die das Café kaputt unterstützen wollen. So wie quasi die komplette Einrichtung. Es gab und gibt sehr viel Unterstützung aus der Zivilgesellschaft in Leipzig.
»Das Café wird immer bekannter«, freut sich Julia Löser. »Das Publikum ist gemischt, die meisten sind zwischen 20 und 40, viele hier aus dem Stadtteil.« Wenn es weiterläuft wie bisher, sind sie sehr zufrieden. Aktuell versuchen sie, einen Stamm von Fördermitgliedern aufzubauen, die das Projekt regelmäßig unterstützen, damit es sich langfristig trägt und die laufenden Kosten abgedeckt werden.