nd.DerTag

Hallo? Hilfe!

Für den Feldhamste­r in Rheinhesse­n geht es um die Existenz

- Von Peter Zschunke, Mainz

Das Problem ist seit Jahren bekannt, aber verbessert hat sich die Situation nicht: Der Feldhamste­r kämpft ums Überleben. Womöglich lässt er sich nur mit einem Erhaltungs­zuchtprogr­amm noch retten. Rund vier Wochen liegen die Feldhamste­r noch im Winterschl­af. Dann geht für die vom Aussterben bedrohten Nager ein neues Jahr im Kampf ums Überleben los. »Der Rückgang ist beängstige­nd und nennenswer­te Vorkommen gibt es nur noch in Rheinhesse­n«, sagt der Leiter des Artenschut­z-Referats im rheinland-pfälzische­n Landesamt für Umwelt, Ludwig Simon. Nach manchen Modellrech­nungen sei bereits in zwölf Jahren ein Aussterben der Art zu erwarten. Rheinhesse­n gehört mit seinen Lössböden bundesweit zu den Hauptverbr­eitungsgeb­ieten des Hamsters. In der Vorder- und der Südpfalz wurden dagegen nur noch vereinzelt Feldhamste­r gesichtet.

Dabei bemühen sich Land, Naturschut­zbehörden und Kommunen schon seit 2001, den Bestand von Cricetus cricetus zu sichern, wie der Feldhamste­r wissenscha­ftlich heißt. Damals wurde ein Artenhilfs­programm (AHP) gestartet: Landwirte erhalten etwa eine Prämie, wenn sie ungenutzte Ackerrands­treifen mit naturbelas­senen Wiesen, Stauden und Sträuchern anlegen. Seitdem bemüht sich das Land in Gesprächen mit Bauern, diese zum Mitmachen zu bewegen. »Wir laufen wie der Hamster im Rad«, sagt Simon. Ausgleichs­maßnahmen werden auch vereinbart, wenn es etwa beim Bau von Windrädern zu schwer wiegenden Eingriffen in Natur und Landschaft kommt. »Wir wünschen uns, dass Ausgleichs­maßnahmen zügig und fachlich gut umgesetzt werden«, sagt die Nabu-Referentin Cosima Lindemann. Das sei leider nicht immer der Fall.

Auf dem Windfeld Rheinhesse­nPfalz bei Flomborn, wo im Jahr 2000 die ersten Windräder errichtet wurden, begannen 2010 die Gespräche über gezielte Ausgleichs­maßnahmen. Inzwischen läuft die Umsetzung an: Ein späterer Stoppelumb­ruch nach der Getreideer­nte sowie der Anbau von Luzerne oder anderen Blütenpfla­nzen soll nach Auskunft der Unteren Naturschut­zbehörde im Kreis Alzey- Worms dem Hamster, aber auch der Wachtel und anderen Arten zugute kommen.

In Worms seien die Landwirte mit großem Engagement dabei, sich an Schutzmaßn­ahmen zu beteiligen, lobt der Biologe Holger Hellwig, der im Auftrag der Stadt ein Feldhamste­r- Schutzkonz­ept erstellt hat. Der vom Aussterben bedrohte Nager hatte dort 2013 die Pläne für das Gewerbegeb­iet »Hoher Stein« gestoppt. Die insgesamt rund 100 Hektar große Fläche wird nun in Parzellen verpachtet, wobei Naturschut­zauflagen umgesetzt werden müssen.

»Es ist alles gut aufgestell­t, es fehlen nur noch die Hamster«, sagt Hellwig. In dem Gebiet lebten nach seiner letzten Zahlung gerade noch 17 Feldhamste­r. Und eine explosive Vermehrung sei kaum zu erwarten, solange sich die landwirtsc­haftliche Produktion­sweise nicht grundsätz-

 ?? Foto: dpa/Uwe Anspach ?? lich ändere. So erlitten die Tiere regelmäßig einen »Ernteschoc­k«, wenn sich ihr Landschaft­sraum von heute auf morgen völlig verändere.
Hinzu kommt die Praxis, dass die Stoppeln nach der Getreideer­nte sofort in den Boden eingearbei­tet werden und nicht...
Foto: dpa/Uwe Anspach lich ändere. So erlitten die Tiere regelmäßig einen »Ernteschoc­k«, wenn sich ihr Landschaft­sraum von heute auf morgen völlig verändere. Hinzu kommt die Praxis, dass die Stoppeln nach der Getreideer­nte sofort in den Boden eingearbei­tet werden und nicht...

Newspapers in German

Newspapers from Germany