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Konsum hält deutsche Konjunktur am Laufen

2015 betrug das Wirtschaft­swachstum 1,7 Prozent – der Staat verzeichne­te einen Rekordüber­schuss im Haushalt

- Von Hans-Georg Draheim

In Deutschlan­d ticken die Konjunktur-Uhren derzeit etwas anders: Die Nachfrage der Verbrauche­r und die Ausgaben des Staates für Flüchtling­e haben die Wirtschaft zum Jahresende gestützt. Wie das Statistisc­he Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag bestätigte, hat das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) preis-, saison- und kalenderbe­reinigt im vierten Quartal 2015 gegenüber dem Vorquartal um 0,3 Prozent zugelegt. Im Vergleich zum Vorjahresq­uartal wuchs das BIP preisberei­nigt um 2,1 Prozent. Für das Jahr 2015 insgesamt ergab sich gegenüber dem Vorjahr ein Wirtschaft­swachstum von 1,7 Prozent.

Maßgebend dafür war die Zunahme des Konsums. Die geringe Inflation und besonders der Verfall der Ölpreise schonten das Budget der Verbrauche­r, was andere Ausgaben ermöglicht­e. Zugleich stieg das Arbeitnehm­erentgelt um 4,2 Prozent, wobei die Unternehme­r- und Vermögense­inkommen noch stärker zulegten – um 4,6 Prozent. Dadurch sank die Lohnquote Ende 2015 auf 72,6 Prozent. Die Umverteilu­ng der Einkommen von unten nach oben setzte sich damit fort. Gleichzeit­ig stieg aber das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte nominal um 2,5 Prozent. Der Privatkons­um legte um 2,0 Prozent zu, der staatliche Konsum sogar um 2,7 Prozent.

Zu der positiven Entwicklun­g trug bei, dass die Arbeitslos­enquote im vierten Quartal 2015 mit sechs Prozent niedrig war. Sie legte aber im Januar mit 6,7 Prozent wieder deutlich zu. Volkswirte gehen zudem davon aus, dass ab Sommer wegen der wachsenden Zahl arbeitslos­er Flüchtling­e die Arbeitslos­igkeit weiter ansteigen werde.

Der starke Zuzug hatte bisher vor allem positive Wirkungen: Auf Grund der erhöhten Wohnungsna­chfrage ließ er die Investitio­nen steigen. Während die Anlageinve­stitionen insgesamt preisberei­nigt um 4,2 Prozent zulegten, trugen dazu die Aus- rüstungsin­vestitione­n um 6,5 und die Bauinvesti­tionen um 3,3 Prozent bei.

Von der robusten Konjunktur profitiert­en auch die öffentlich­en Kassen. Bund, Länder und Gemeinden sowie die Sozialvers­icherung erwirtscha­fteten 2015 nach Berechnung­en der Wiesbadene­r Behörde einen Überschuss von 19,4 Milliarden Euro oder 0,6 Prozent des BIP. Der Bund allein erzielte einen Rekordüber­schuss von 10,3 Milliarden. Auch in diesem Jahr will Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble trotz der Milliarden­ausgaben für Flüchtling­e ohne neue Schulden auskommen.

Die Risiken für die deutsche Wirtschaft sind aus Sicht der Ökonomen wegen der Schwäche der Weltwirt- schaft und der Turbulenze­n an den Börsen aber gewachsen. Vor allem die Abkühlung wichtiger Exportmärk­te, besonders in den Schwellenl­ändern, dürfte sich bemerkbar machen. Im Schlussqua­rtal 2015 erreichte der deutsche Export preisberei­nigt noch ein Plus von 5,6 Prozent. Doch aufgrund des noch stärkeren Wachstums der Importe hat der Export seine Rolle als deutscher Wachstumsm­otor verloren.

Trotz der Abkühlung der Weltkonjun­ktur, die den Export belastet, sind Volkswirte für 2016 optimistis­ch für das Wirtschaft­swachstum. Stütze dürfte dabei weiter der Konsum bleiben – privat und staatlich.

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