Konsum hält deutsche Konjunktur am Laufen
2015 betrug das Wirtschaftswachstum 1,7 Prozent – der Staat verzeichnete einen Rekordüberschuss im Haushalt
In Deutschland ticken die Konjunktur-Uhren derzeit etwas anders: Die Nachfrage der Verbraucher und die Ausgaben des Staates für Flüchtlinge haben die Wirtschaft zum Jahresende gestützt. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag bestätigte, hat das Bruttoinlandsprodukt (BIP) preis-, saison- und kalenderbereinigt im vierten Quartal 2015 gegenüber dem Vorquartal um 0,3 Prozent zugelegt. Im Vergleich zum Vorjahresquartal wuchs das BIP preisbereinigt um 2,1 Prozent. Für das Jahr 2015 insgesamt ergab sich gegenüber dem Vorjahr ein Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent.
Maßgebend dafür war die Zunahme des Konsums. Die geringe Inflation und besonders der Verfall der Ölpreise schonten das Budget der Verbraucher, was andere Ausgaben ermöglichte. Zugleich stieg das Arbeitnehmerentgelt um 4,2 Prozent, wobei die Unternehmer- und Vermögenseinkommen noch stärker zulegten – um 4,6 Prozent. Dadurch sank die Lohnquote Ende 2015 auf 72,6 Prozent. Die Umverteilung der Einkommen von unten nach oben setzte sich damit fort. Gleichzeitig stieg aber das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte nominal um 2,5 Prozent. Der Privatkonsum legte um 2,0 Prozent zu, der staatliche Konsum sogar um 2,7 Prozent.
Zu der positiven Entwicklung trug bei, dass die Arbeitslosenquote im vierten Quartal 2015 mit sechs Prozent niedrig war. Sie legte aber im Januar mit 6,7 Prozent wieder deutlich zu. Volkswirte gehen zudem davon aus, dass ab Sommer wegen der wachsenden Zahl arbeitsloser Flüchtlinge die Arbeitslosigkeit weiter ansteigen werde.
Der starke Zuzug hatte bisher vor allem positive Wirkungen: Auf Grund der erhöhten Wohnungsnachfrage ließ er die Investitionen steigen. Während die Anlageinvestitionen insgesamt preisbereinigt um 4,2 Prozent zulegten, trugen dazu die Aus- rüstungsinvestitionen um 6,5 und die Bauinvestitionen um 3,3 Prozent bei.
Von der robusten Konjunktur profitierten auch die öffentlichen Kassen. Bund, Länder und Gemeinden sowie die Sozialversicherung erwirtschafteten 2015 nach Berechnungen der Wiesbadener Behörde einen Überschuss von 19,4 Milliarden Euro oder 0,6 Prozent des BIP. Der Bund allein erzielte einen Rekordüberschuss von 10,3 Milliarden. Auch in diesem Jahr will Finanzminister Wolfgang Schäuble trotz der Milliardenausgaben für Flüchtlinge ohne neue Schulden auskommen.
Die Risiken für die deutsche Wirtschaft sind aus Sicht der Ökonomen wegen der Schwäche der Weltwirt- schaft und der Turbulenzen an den Börsen aber gewachsen. Vor allem die Abkühlung wichtiger Exportmärkte, besonders in den Schwellenländern, dürfte sich bemerkbar machen. Im Schlussquartal 2015 erreichte der deutsche Export preisbereinigt noch ein Plus von 5,6 Prozent. Doch aufgrund des noch stärkeren Wachstums der Importe hat der Export seine Rolle als deutscher Wachstumsmotor verloren.
Trotz der Abkühlung der Weltkonjunktur, die den Export belastet, sind Volkswirte für 2016 optimistisch für das Wirtschaftswachstum. Stütze dürfte dabei weiter der Konsum bleiben – privat und staatlich.