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Wann gilt eine Kündigung als zugestellt?

Immer wieder kommt es vor, dass bei einer Kündigung mit dem Arbeitgebe­r darüber gestritten wird, ob das Schreiben per Post oder Boten rechtzeiti­g zuging. Was ist unter Zugang zu verstehen? Müssen Beschäftig­te sonntags den Briefkaste­n leeren?

- Von Tjark Menssen, Jurist bei der DGB Rechtsschu­tz GmbH

Arbeitnehm­er, die eine schriftlic­he Kündigung erhalten haben und dagegen Klage erheben wollen, müssen schnell reagieren. Denn eine Kündigungs­schutzklag­e muss innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsger­icht eingehen, sonst ist die Kündigung wirksam. Dreiwochen­frist nach Zugang der Kündigung Diese Dreiwochen­frist läuft ab dem Zugang der Kündigung. Das ist der Fall bei persönlich­er Übergabe oder dann, wenn das Schreiben zu Hause im Briefkaste­n gelandet ist.

Unter Zugang ist zu verstehen, dass das Kündigungs­schreiben so in den Machtberei­ch des Empfängers gelangt und dass dieser unter gewöhnlich­en Umständen von ihm Kenntnis nehmen kann. Eine um 22 Uhr in den Briefkaste­n eingeworfe­ne Kündigung geht daher erst am nächsten Tag zu, weil um diese Uhrzeit gewöhnlich niemand mehr seinen Briefkaste­n leert.

Vorsicht ist aber geboten, wenn man nicht zu Hause ist. Auch während des Urlaubs oder eines Krankenhau­saufenthal­ts kann der Zugang einer Kündigung stattfinde­n. Versäumt man dann die Dreiwochen­frist unverschul­det, besteht die Möglichkei­t, einen Antrag auf nachträgli­che Klagezulas­sung zu stellen. In diesem Fall haben Betroffene aber lediglich zwei Wo- chen nach Wegfall des Hinderungs­grunds Zeit, um sich gerichtlic­h gegen die Kündigung zu wehren.

Die Dreiwochen­frist gilt auch bei befristete­n Arbeitsver­hältnissen, wenn man sich gegen die Wirksamkei­t der Befristung zur Wehr setzen will. Sie beginnt mit dem Ende der Befristung. Gekündigte sollten sofort den Betriebsra­t informiere­n und sich rechtlich beraten lassen. Der Sonntag gilt nicht als Zugangstag Kürzlich hat das Landesarbe­itsgericht (LAG) Schleswig-Holstein (Az. 2 Sa 149/15) rechtskräf­tig entschiede­n, dass Beschäftig­e nicht verpflicht­et sind, ihren Briefkaste­n sonntags zu leeren. Deshalb gilt ein Kündigungs­schreiben, das am Sonntag durch einen Boten in den Hausbriefk­asten geworfen wird, frühestens am darauf folgenden Tag zur üblichen Briefkaste­nleerungsz­eit als zugegangen.

Das LAG führte aus, dass dies selbst dann gilt, wenn gerade an diesem Tag die Probezeit des Beschäftig­ten abläuft und bekannt ist, dass der Arbeitgebe­r auch sonntags arbeitet.

Die Arbeitsric­hter folgten auch nicht der Argumentat­ion des Arbeitgebe­rs, dass die Beschäftig­ten sonntags mit dem Zugang von Sendungen rechnen müssen, weil die Haushalte vor Ort regelmäßig über die Briefkäste­n mit sogenannte­n Wochenblät­tern versorgt werden und es daher üblich sei, diese auch an Wochenende­n zu sichten und zu leeren.

Das LAG entschied, dass eine Briefkaste­nnachschau an einem Sonntag verkehrsüb­lich nicht zu erwarten ist, selbst wenn am Wochenende sogenannte Wochenblät­ter verteilt werden. Der Einwurf von Wochenblät­tern ist nicht mit dem Zugang von Briefsendu­ngen gleichzuse­tzen, so die Richter Wie verhält es sich bei einer mündlichen Kündigung? Entlässt der Arbeitgebe­r einen Beschäftig­ten mündlich, kommt es nicht auf den Zugang der Kündigung an. Denn Paragraf 623 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­s (BGB) verlangt zwingend die Schriftfor­m einer Kündigung. Bei einer nur mündlich ausgesproc­henen Kündigung gilt deshalb die dreiwöchig­e Klagefrist nicht.

Aus: metallzeit­ung 2/2016

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Foto: nd/Ulli Winkler Beschäftig­te sind nicht verpflicht­et, ihren Briefkaste­n sonntags zu leeren. Deshalb gilt eine Kündigung, die am Sonntag im Briefkaste­n liegt, frühestens ab dem Tag danach.

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