OLG-Urteil: Bausparkassen durften Verträge kündigen
Im Streit über aufgekündigte Bausparverträge hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm die Sicht der Bausparkassen bestätigt. Nach einem Beschluss des Gerichts kann eine Bausparkasse einen Vertrag mit festem Zinssatz kündigen, wenn dieser seit Jahren zuteilungsreif ist. Im Streitfall hatte ein Sparer aus Siegen noch lange nach diesem Zeitpunkt gespart, um weiter in den Genuss der ursprünglich vereinbarten Verzinsung von 3 Prozent zu kommen.
Das OLG Hamm bestätigte am 30. Dezember 2015 (Az. 31 U 191/15) ein Urteil des Landgerichts Münster aus erster Instanz. Demnach durfte die verklagte Bausparkasse aus Münster einen Vertrag von 1991 mit Wirkung zum 30. Juni 2015 aufkündigen. Bereits 1997 lagen die im Vertrag vereinbarten Zuteilungsvoraussetzungen vor, der Bausparer hatte aber keinen Baukredit in Anspruch genom- men. Nach Ansicht der Richter hat die Bausparkasse ihr gesetzlich festgelegtes Kündigungsrecht zehn Jahre nach Ablauf zu Recht wahrgenommen. Warum werden die Verträge überhaupt gekündigt? In den 90er Jahren war das Zinsniveau deutlich höher. Für die Ansparzeit im Bausparvertrag zahlten die Institute mittlere einstellige Prozente, was damals wenig war. Nachdem das allgemeine Zinsniveau im Zuge der Finanzkrise immer weiter absackte, wurden die damals günstigen Verträge mehr und mehr zur Belastung für die Bausparkassen. Zumal einige Sparer das vorgesehene Darlehen überhaupt nicht nutzen. Was ist das Problem? Das System Bausparen funktioniert so, dass immer eine gewisse Kundenmenge spart, während andere von dem Geld Kredite zu günstigen Zinsen bekommt und diese Zinsen wieder im gemeinsamen Topf landen. Die Darlehen sind ab einer bestimmten gesparten Summe »zuteilungsreif«. Angesichts des niedrigen Zinsniveaus krankt das System aber an zwei Enden. Zum einen nutzen einige Sparer die Altverträge wegen ihrer vergleichsweise derzeit höheren Zinsen als Geldanlage. Zum anderen wurden die früher so günstigen Darlehen wegen der andernorts ebenfalls günstigen Kredite nicht mehr genutzt. Bei Schwäbisch Hall werden bei etwa 70 Prozent der zuteilungsreifen Verträge die Darlehen nicht abgerufen. Wie ist das Argument der Bausparkassen? Sie berufen sich auf einen Paragraf im Bürgerlichen Gesetzbuch, der eigentlich zum Schutze der Verbraucher installiert wurde (§ 489 Absatz 1 Nr. 2). Er räumt dem Darlehensnehmer ein Kündigungsrecht ein. Aber, können die Bausparkassen überhaupt als Darlehensnehmer angesehen werden? Ihr Argument: Sie bekämen gewissermaßen von den Sparern Geld geliehen. Unter Juristen ist das allerdings umstritten. Wie viele Verträge sind betroffen? Berichten zufolge etwa 200 000 Altverträge, vor allem um solche, die schon zehn Jahre »zuteilungsreif« sind und nicht genutzt werden. Die Verträge seien im Schnitt 22 Jahre alt, heißt es beim Verband der Privaten Bausparkassen. Bislang kam es zu 970 Klagen. Dem Verband zufolge sind 141 zu Gunsten der Bausparkassen entschieden worden, 14 Mal hätten Gerichte das anders gesehen. Wie geht es weiter? Ein weiteres Urteil ist vorm Oberlandesgericht Stuttgart Ende März geplant. Das alles entscheidende Urteil allerdings dürfte vor dem Bundesgerichtshof fallen – und damit wird erst 2017 gerechnet. dpa/nd