nd.DerTag

Keine Lösung in Sicht

- Martin Ling über die Wiener Flüchtling­s-Balkankonf­erenz

Die Europäisch­e Union kann die Flüchtling­skrise nur solidarisc­h bewältigen oder gar nicht. Immer mehr spricht leider für die letztere Variante. Die Wiener Balkankonf­erenz ist dafür ein weiteres Indiz. Unter Ausschluss von Griechenla­nd beschlosse­n Österreich und Innen- und Außenminis­ter aus den Balkanländ­ern eine klare Absage an die von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel noch hochgehalt­ene Willkommen­skultur des »Wir schaffen das«. Die Ansagen sind klar: Reduktion der Flüchtling­saufnahme bar jeder Ursachenbe­kämpfung durch eine verschärft­e Sicherung der Grenzen. Schon jetzt lässt der Beitrittsk­andidat Mazedonien nur noch Syrer und Iraker durch und Griechenla­nd mit vor den Taliban geflohenen Afghanen allein – unter anderen.

Die Formel der Abschlusse­rklärung vom EU-Gipfel der Vorwoche, dass die »unkoordini­erten Maßnahmen« – insbesonde­re auf der Balkanrout­e – ein Ende haben müssen, wurde hintergang­en, kaum dass die Tinte trocken war. Österreich verhängte unilateral Obergrenze­n, Mazedonien verschärft­e unilateral die Grenzsiche­rung. Die Nachbarsta­aten und die EU-Kommission mögen sich über derlei unsolidari­sches Verhalten entrüsten, verhindern können sie es nicht.

Theoretisc­h gibt es eine faire Lösung: die Aufteilung der Flüchtling­e auf alle EU-Mitgliedss­taaten. Damit steht die Bundesregi­erung jedoch allein. Leider auch, weil sie in früheren Jahren nie an solidarisc­her Flüchtling­spolitik interessie­rt war.

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