Geplatzte Blütenträume
Wirtschaftsgeschäfte mit Iran kommen nicht recht in die Gänge
Viele Iraner versprechen sich vom Ende der Sanktionen einen wirtschaftlichen Aufschwung. Doch der niedrige Ölpreis sowie viele juristische und politische Hürden machen den Neuanfang schwer. Zu Hunderten sind die Menschen am Dienstagmorgen zum MehrabadFlughafen außerhalb von Teheran gepilgert, verfolgen staunend, wie, die Morgensonne im Rücken, ein nagelneuer A 350 zur Landung ansetzt. Kurz darauf dürfen Journalisten und Angestellte der Fluggesellschaft Iran Air einen Blick ins Innere wagen. »Ein Traum«, sagt ein Pilot kurz darauf: »Ich würde alles dafür geben, so einen Vogel fliegen zu dürfen.«
Seit Präsident Hassan Ruhani Ende Januar bei einer Europa-Reise einen Vertrag über die Lieferung von mehr als 100 Airbus-Flugzeugen zum Listenpreis von mehr als 20 Milliarden Euro unterzeichnet hat, lässt der Hersteller immer wieder Maschinen, die nach Südostasien überführt werden, in Teheran zwischenlanden. Man will das Land so eng wie möglich an sich binden, bevor der US-Konkurrent Boeing in die Gänge kommt – und unterstützt die Reformer um Ruhani vor dem Urnengang am Freitag: Das Hauptargument des Präsidenten für den Atomdeal mit dem Westen ist der wirtschaftliche Aufschwung.
Doch im Hintergrund heißt es, man sei schon dankbar, wenn man wenigstens einen kleinen Teil der bestellten Flugzeuge liefern könne. Nach der ersten Euphorie, die vor dem Ende der Sanktionen die internationale Wirtschaft erfasst hatte, wird nun die Vielzahl der Hürden sichtbar, die bei Geschäften mit Iran nach wie vor überwunden werden müssen.
So hat die Bundesregierung die Vergabe von Hermes-Bürgschaften untersagt, bis das Land Schulden im Wert von gut einer halben Milliarde Euro beglichen hat. Ähnliche Beschränkungen gibt es auch in anderen europäischen Ländern. Zurückhaltend sind zudem Versicherungen und Banken. Man fürchtet, dass Geschäftsbeziehungen mit den USA und mit Israel beeinträchtigt werden könnten. Zudem steht nach wie vor eine große Zahl von Funktionären des iranischen Militärs und des Regierungsapparates auf der schwarzen Liste. Sicherzustellen, dass Zahlungen nicht über Umwege zu diesen finden, sei ausgesprochen schwer, sagen Sprecher mehrerer Konzerne. Gleichzeitig haben die US-Behörden angekündigt, Konten von Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen zu Iran genau unter die Lupe zu nehmen.
Vor allem aber: Die Finanzierung vieler Geschäfte hängt vom Öl ab, dessen Preis mit rund 30 Dollar pro Barrel (à 159 Liter) nach wie vor niedrig ist. Iran müsste also viel mehr fördern und exportieren, um das einzunehmen, was man vor den Sanktionen erwirtschaftete. Eine Tankerladung von Millionen Barrel wäre 2011 an die 200 Millionen Dollar wert gewesen – heute sind es noch um die 60 Millionen.
Eine baldige Besserung ist nicht in Sicht: Zwar einigten sich wichtige erdölexportierende Länder vor Kurzem darauf, die Fördermengen auf dem Januar-Niveau einzufrieren. Doch Saudi-Arabien will sich nicht daran halten: Monatelang wurde dort gefördert, was ging, um die US-amerikanische Fracking-Industrie und auch die iranische Rückkehr auf den Weltmarkt zu behindern. Nun hat man deshalb ein großes Loch im Staatshaushalt, und weniger Förderung zu den aktuellen Preisen würde ein noch größeres Defizit bedeuten.
Aus dem gleichen Grund will auch die iranische Regierung die Fördermengen im Laufe des Jahres um bis zu 600 000 Barrel am Tag herauffahren. Ob dies kurzfristig zu Mehreinnahmen führen wird, ist dennoch fraglich. Denn das einzige Ölterminal auf der Insel Charg galt zwar in den 1970er Jahren als das modernste weltweit. Für die Abfertigung heutiger Supertanker ist es aber längst nicht mehr geeignet. Und der Bau eines neuen, modernen Hafens für den Ölexport ist zwar schon seit Jahren in der Planung, scheiterte aber zunächst an den Sanktionen und nun an den Beschränkungen für ausländische Investoren.