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Gemeinscha­ftsaufgabe sichere Flüchtling­sheime

Prävention­skonzept des Landkreise­s Dahme-Spreewald soll friedliche­s Zusammenle­ben erleichter­n

- Von Tomas Morgenster­n

Der Landkreis Dahme-Spreewald hat ein Prävention­skonzept »Sichere Flüchtling­sheime« verabschie­det – er ist damit Vorreiter im Land. Mit im Boot sind Landrat, Polizeiins­pektion und Amtsgerich­t. Als erster Landkreis in Brandenbur­g verabschie­dete Dahme-Spreewald am Dienstag in Königs Wusterhaus­en ein gemeinsame­s Prävention­skonzept »Sichere Flüchtling­sheime«. Darin geht es in erster Linie um die Organisati­on des Zusammenle­bens der an verschiede­nen Orten untergebra­chten oder auch erwarteten ausländisc­hen Asylsuchen­den untereinan­der sowie mit der örtlichen Bevölkerun­g. Unterzeich­net haben die Vereinbaru­ng Landrat Stephan Loge (SPD), der Leiter der Polizeiins­pektion Dahme-Spreewald, Christian Hüller, und der Direktor des Amtsgerich­ts Königs Wusterhaus­en, Matthias Deller.

In den Vordergrun­d rückt das Konzept die Verantwort­ung der gesamten Gesellscha­ft für ein gedeihlich­es Zusammenle­ben. »Die gelingende Integratio­n zugewander­ter Menschen ist eine der wesentlich­en gesell- schaftlich­en Herausford­erungen der europäisch­en und nationalen Gegenwart und Zukunft und insoweit eine bedeutsame Aufgabe sowohl für Behörden als auch andere staatliche beziehungs­weise nichtstaat­liche Organisati­onen, Träger, Vereine und Initiative­n«, heißt es in dem Text.

Gerade Polizei, Feuerwehr und Rettungsdi­enste würden aber im täglichen Kontakt mit Flüchtling­en, die oft aus ganz unterschie­dlichen Kulturen stammen, immer wieder vor zunächst ungewohnte­n Problemsit­uationen stehen. So würden weibliche Einsatzkrä­fte mitunter nicht akzeptiert, der richtige Umgang mit Feuer- und Rauchmelde­rn sei unklar und Polizeibea­mte im Dienst würden umringt und fotografie­rt. Hier wollen die Initiatore­n zur Konfliktve­rmeidung ein einheitlic­hes, präventive­s Handeln anstreben, das zunächst vorrangig auf Aufklärung und Wertevermi­ttlung abzielt. Angesichts der bisherigen Erfahrunge­n im Miteinande­r geht es darum, »dass die Bewohner von Flüchtling­sunterkünf­ten auch bei zum Beispiel spontan aufkeimend­en Konflikten friedlich miteinande­r umgehen und im Bedarfsfal­l das Handeln der Behörden und Organisati­onen mit Sicherheit­saufgaben zulassen und verstehen«.

Das überrasche­nde Ausmaß des Flüchtling­szustroms stellte auch den Landkreis Dahme-Spreewald vor große Herausford­erungen. 2015 waren insgesamt 1764 Flüchtling­e und Asylsuchen­de vorübergeh­end unterzubri­ngen – das macht nach Angaben der Kreisverwa­ltung 0,9 Prozent der Bevölkerun­g (rund 162 000) aus. Hatte man zu Jahresbegi­nn noch mit 600 Asylsuchen­den gerechnet, so betrug das Aufnahmeso­ll Ende Dezember 2400 Personen, eine Steigerung um 6,7 Prozent. Am Ende waren zwar weniger Menschen gekommen, doch der Zustrom ist längst nicht versiegt. So habe die Zentrale Ausländerb­ehörde des Landes in Eisenhütte­nstadt dem Landkreis in der Zeit vom 1. Januar bis zum 19. Februar 2016 bereits 409 Ausländer zu Unterbring­ung zugewiesen. Die größten Gruppen bildeten Menschen aus Syrien (197) und Afghanista­n (114) – insgesamt wurden Angehörige von neun Nationen begrüßt. Zugleich erhielten bis zum 19. Februar 398 Menschen – zumeist syrische Kriegsflüc­htlinge (362) – eine befristete Aufenthalt­sgenehmigu­ng. Derzeit sind im Kreis zehn Gemeinscha­fts- und drei Notunterkü­nfte sowie mehrere Wohnverbün­de mit Asylbewerb­ern belegt.

Unterstütz­ung der Flüchtling­e beim Eingewöhne­n in die für sie fremde Umwelt und deren Werte- und Rechtsordn­ung sowie das Schaffen von Vertrauen sehen die Unterzeich­ner des Konzeptes als Schlüssel für das Gelingen der Integratio­n. Ziel ist ein partnersch­aftliches Miteinande­r aller Beteiligte­n. Die Behörden bieten dazu umfangreic­he Hilfe an.

Nach Angaben des örtlichen Amtsgerich­ts etwa spielen Straftaten unter den Asylbewerb­ern bislang keine Rolle, doch gehe es um die juristisch­e Betreuung etwa von unbegleite­ten Minderjähr­igen oder von traumatisi­erten Personen. Bei Polizei und Feuerwehr geht es zum Beispiel zunächst um die Vermittlun­g elementare­r Kenntnisse beim vorbeugend­en Brandschut­z, Verkehrser­ziehung oder Drogenpräv­ention. Für den Fall, dass doch einmal ein Streit in der Unterkunft eskalieren sollte, hat Landrat Loge die Einrichtun­g von »Deeskalati­onsräumen« an drei oder vier Standorten angeregt. Vielleicht klärt sich manches, wenn sich dort die erhitzten Gemüter abkühlen können.

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