Sozialist Sánchez setzt auf die Bürger
In Spanien einigt sich die PSOE mit den Ciudadanos auf einen »Regierungspakt«
Spaniens Sozialisten (PSOE) und die rechtsliberalen Ciudadanos (Bürger) haben einen Regierungspakt geschlossen. Beide Parteien verfügen allerdings nicht über eine ausreichende Mehrheit. Eine »Fortschrittsregierung« hatte der spanische Sozialist Pedro Sánchez stets versprochen. Nun hat er sich am Mittwoch mit der rechtsliberalen Partei Ciudadanos (Bürger) auf ein Abkommen geeinigt. Für Fortschritt spricht das nicht. Und das sorgt für Unmut beim linken Flügel der Sozialisten (PSOE). Dort rumorte es seit geraumer Zeit, da Sánchez vor allem auf die Partei setzte, die von Albert Rivera geführt wird. Rivera ist wie viele bei Ciudadanos ein Abtrünniger der rechtskonservativen Volkspartei (PP), die Spaniens Normalbevölkerung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy die vergangenen vier Jahre mit heftigen Einschnitten ins Sozialsystem sowie Beschneidungen von Rechten bedacht hat.
Sánchez will offenbar am Kurs von Rajoy festhalten. Mit dem Pakt haben die Sozialisten ihr zentrales Wahlversprechen beerdigt haben und Riveras neoliberalen Positionen nachgegeben. Denn von »dringlichen Maßnahmen zur Aufhebung der Arbeitsmarktreform«, mit der die PP den Kündigungsschutz abgeschafft und Abfindungen deutlich verbilligt hatten, ist im Pakt nichts mehr zu lesen. Im Verhandlungsdokument waren sie noch gefordert worden. Gegen die Reform liefen damals die Gewerkschaften mit Generalstreiks Sturm. Sie werden, wie viele PSOE-Wähler, auch von den neuen Vorschlägen geschockt sein. Demnach sollen die gesenkten Abfindungen erst schrittweise in drei Jahren auf das Höchstniveau gebracht werden. Statt gesenkte Löhne wieder anzuheben, womit auch die Lohnsteuereinahmen stiegen, sollen niedrige Löhne nun auch noch staatlich subventioniert werden. Einerseits soll zwar eine Vermögenssteuer wieder eingeführt werden, welche die PSOE unter José Luis Rodríguez Zapatero (Premier 2004-11) mitten in der Krise abgeschafft hatte, andererseits sollen hohe Einkommen nicht über eine stärkere Progression zur Kasse gebeten werden.
Sánchez, der im vergangenen Dezember das schlechteste Wahlergebnis seit dem Ende der Franco-Diktatur (1939-75) für die PSOE einfuhr, versucht seine politische Karriere zu retten. Mit den Zugeständnissen an Ciudadanos bemüht er sich verzweifelt, die PP einzubinden. Er fordert jedoch von »Rechts und Links« Unterstützung. Denn nur bei einer PP-Enthaltung im zweiten Wahlgang am 5. März könnte er Ministerpräsident werden. Die PP ist zwar auf knapp 29 Prozent der Stimmen abgestürzt, lag aber deutlich über den 22 Prozent der PSOE, die nur knapp besser abschnitt als der Neuling Podemos (Wir können es). Das Problem von Sánchez ist, dass die PP immer wieder deutlich erklärt, mit Nein gegen den »Wahlver- lierer« zu stimmen. Sie freut es, wie sich der Sozialist in eine Sackgasse manövriert. Die PP rechnet angesichts des Abkommens nun mit einem Scheitern und Neuwahlen Ende Juni. Ohnehin hakt das gesamte Konstrukt daran, dass es nur mit der PP funktioniert.
Ohne die PP ist auch die vereinbarte »Express-Verfassungsreform« illusorisch, die Rivera durchgesetzt hat. Dafür wäre sogar ihre Zustimmung nötig. Angeblich will Rivera »die Basis für weitere 40 Jahre Freiheit und Fortschritt« legen. Dabei geht es dem spanischen Nationalisten darum, Regionen wie Katalonien eine Abstimmung über ihre Unabhängigkeit zu verbieten.
Podemos-Chef Pablo Iglesias sieht sich dagegen bestätigt. Er hatte lange Gespräche mit der PSOE abgelehnt, solange die mit der »Krücke der PP« verhandelt, wie er Ciudadanos nennt. »Das ist kein Pakt für eine Regierung oder eine Amtseinführung«, sagte er, weil Sánchez ohne Podemos beim Nein der PP vor die Wand fahren wird. Doch die geplanten Maßnahmen kann Podemos nicht unterstützen. Iglesias hat noch nicht erklärt, ob er nun das Kapitel abschließt und auch die zuletzt von der Vereinten Linken (IU) mit der PSOE angerührten gemeinsamen Gespräche absagt. Fürchten müsste die Partei Neuwahlen nicht. Laut Umfragen liegt sie inzwischen schon vor der PSOE und der Pakt mit den Bürgern dürfte dazu führen, dass weiter linke Wähler den Sozialisten den Rücken kehren.