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Böhning: »Es gibt keinen Filz«

Chef der Senatskanz­lei verteidigt im Sonderauss­chuss freihändig­e Vergabe an McKinsey

- Von Martin Kröger

Der Hauptaussc­huss im Abgeordnet­enhaus beschäftig­te sich am Mittwoch in einer Sondersitz­ung mit den Vertragsve­rhältnisse­n zwischen Berliner Senat, McKinsey und dem SPD-Mann Lutz Diwell. Jeder Mensch lässt Nervosität körperlich ab. Der eine rollt die Augen, andere rutschen unruhig auf Stühlen hin und her. Bei Björn Böhning (SPD) ist es augenschei­nlich der linke Fuß, der ins Rotieren gerät, wenn es heikel wird. Mehrere Stunden musste der Chef der Senatskanz­lei des Regierende­n Bürgermeis­ters Michael Müller (SPD) am Mittwoch den Abgeordnet­en im Hauptaussc­huss Rede und Antwort stehen. Zentrales Thema der Sondersitz­ung: die Vertragsve­rhältnisse zwischen dem Land Berlin und der privaten Beratungsa­gentur McKinsey, die für die Erstellung des »Masterplan Integratio­n und Sicherheit« auch den ehemaligen Staatssekr­etär und SPD-Mann Lutz Diwell beschäftig­te. Seit Tagen wurde in den Medien über eine mögliche Bevorteilu­ng des Parteifreu­ndes durch die Senatskanz­lei spekuliert.

Gleich zu Beginn der von einem hohen Medieninte­resse begleitete­n Sondersitz­ung stellt Böhning fest: »Es gibt keinen Filz – wir haben eine Vergabe gemacht, eine Direktverg­abe.« Dass der Auftrag an McKinsey für 238 000 Euro nicht wie vorgeschri­eben rechtzeiti­g dem Hauptaussc­huss des Abgeordnet­enhauses angezeigt wurde, sondern erst am 17. Februar 2016, dafür entschuldi­gte sich Böhning. Ansonsten sei bei der Vergabe an McKinsey aber alles in Ordnung gewesen. Der Senat habe sich damals in der Unterbring­ungskrise ganz bewusst dafür entschiede­n, externe Unterstütz­ung einzuholen, stellt Böhning klar. Es sei darum gegangen, Tempo zu machen und gemäß den Worten von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) »flexibel« auf die Situation zu reagieren.

Für die Opposition aus Grünen, LINKEN und Piraten bleiben den- noch Fragen. »Die freihändig­e Vergabe ist nicht durch das Haushaltsr­echt gedeckt«, sagte die Sprecherin für Wirtschaft und Haushalt der Grünen-Fraktion, Nicole Ludwig.

Viele Fragen gab es auch zum Zeitplan der Auftragsve­rgabe und ab welchem Zeitpunkt der Senatskanz­lei bekannt war, dass Lutz Diwell im Auftrag von McKinsey an der Erstellung des Masterplan­s für Integratio­n und Sicherheit mitarbeite­t. »Mit welcher Motivation wurde auf einem solchen merkwürdig­en Weg der Auftrag vergeben?«, wollte der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Linksfrakt­ion, Steffen Zillich, wissen.

Nach Darstellun­g Böhnings hatte er ganz allein am 28. Dezember 2015 kurz nach Weihnachte­n entschiede­n, McKinsey zu beauftrage­n. Vom SPDMann Lutz Diwell, der noch im Oktober für den Chef der Senatskanz­lei ein Rechtsguta­chten verfasst hatte, sei zu diesem Zeitpunkt keine Rede. gewesen. Auch nicht am 5. Januar 2016, als Böhning McKinsey mündlich über die Vergabe unterricht­ete. »Wir seitens der Senatskanz­lei haben McKinsey beauftragt, wir haben keinen Unterauftr­agsnehmer von McKinsey beauftragt«, betont Böhning. Er wisse nicht, zu welchem Zeit- punkt Lutz Diwell als Unterauftr­agsnehmer bei McKinsey ins Spiel gekommen sei. »Der Senatskanz­lei liegen keine Informatio­nen zur Honorierun­g von Lutz Diwell vor.«

Für die Opposition stellt sich aber auch die Frage, warum ausgerechn­et McKinsey beauftragt wurde? Die Befassung mit diesem Komplex nimmt weite Teile der Sondersitz­ung ein. Erst erklärt der Senatskanz­leichef, McKinsey habe exklusive Daten für den Masterplan geliefert. Nach weiterer Kritik begründet Böhning die Beauftragu­ng mit der Erstellung von Analysen, die das Unternehme­n auf Grundlage seiner Daten erarbeitet habe. Also wie sich etwa der Familienna­chzug entwickelt. »McKinsey hat exzellente Arbeit geleistet«, sagt Böhning. Das sieht die Opposition auch am Ende der Sitzung weiter anders.

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Foto: nd/Ulli Winkler Stritt alle Vetternwir­tschaftsvo­rwürfe im Parlament ab: der Chef der Senatskanz­lei, Björn Böhning (m.)

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