Karadzic soll 40 Jahre in Haft
Früherer Serbenführer für Massaker in Srebrenica verurteilt
Den Haag. Der ehemalige bosnische Serbenführer Radovan Karadzic (70) ist für Völkermord in Srebrenica im Osten Bosniens schuldig gesprochen und zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Urteil verkündeten die Richter des UN-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag am Donnerstag. Der ehemalige Psychiater ist nach Ansicht des Gerichts einer der Hauptschuldigen des Massakers in der damaligen UN-Schutzzone. Serbische Einheiten hatten im Juli 1995 nach der Eroberung der Enklave etwa 8000 Männer und Jungen ermordet. Opfer waren bosnische Muslime und Kroaten. Karadzic wurde erst 2008 nach 13 Jahren auf der Flucht festgenommen. Die acht Jahre im Gefängnis werden von seiner Strafe abgezogen. Nach der Verurteilung berief die serbische Regierung für Freitag einer Sondersitzung ein.
An der späten Verurteilung des einstigen bosnischen Serbenführers Radovan Karadzic wegen Völkermords schieden sich sofort nach deren Verlesung die Geister. Vor der Pforte des UN-Kriegsverbrecher-Tribunals in Den Haag standen die verbitterten Angehörigen der Opfer, die das Strafmaß von 40 Jahren Haft als zu niedrig empfanden. Der aufgebrachte Angeklagte kündigte gegenüber den Anwälten entrüstet Berufung an.
Er könne nicht glauben, dass das Gericht ein solch »katastrophales« Urteil gefällt habe, das »auf Improvisationen, Unterstellungen und Spekulationen« beruhe, klagte laut einem Bericht der serbischen Zeitung »Novosti« der Mann, den das Tribunal als einen der Hauptverantwortlichen des Massakers von Srebrenica verurteilt hatte: Selbst nach den Anschlägen von Brüssel und Paris hätten das Tribunal und Europa »nicht verstanden«, »mit was und wem« die bosnischen Serben während des Krieges konfrontiert gewesen seien.
Klar hatte das Gericht in der Urteilsbegründung dargelegt, warum es Karadzic für den Massenmord an rund 8000 muslimischen Männern für verantwortlich hält. Am 9. Juli 1995 hatte der damalige Präsident der Republika Srpska den Befehl zur Einnahme von Srebrenica gegeben und hatte auch nach dem Fall der Muslim-Enklave im ständigen Kontakt mit der Führung der bosnisch-serbischen Truppen und deren Krisenstab im nahen Bratunac gestanden: Seine Beteuerung, von den Massenmorden nichts gewusst zu haben, wurde vom Gericht darum als unglaubwürdig verworfen. In zehn von elf Anklagepunkten wurde Karadzic schuldig gesprochen. Als »unerbittliches Bekenntnis der internationalen Gemeinschaft, Täter zur Verantwortung zu ziehen« pries der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, das Urteil. Von der erwarteten lebenslangen Strafe hatten die Richter überraschend abgesehen.