nd.DerTag

Eine Frage der Perspektiv­e

Diskussion im nd-Gebäude über Grundeinko­mmen

- Von Fabian Lambeck

Ist das bedingungs­lose Grundeinko­mmen (BGE) ein linkes Projekt? Die LINKE tut sich schwer mit der Antwort. Die gewerkscha­ftsnahen GenossInne­n in der Sozialisti­schen Linken befürchten eine Entwertung der Lohnarbeit und unterstell­en Befürworte­rn, sie hielten Arbeit für »sinnlos und überflüssi­g«. Die Anhänger wiederum, die sich unter anderem bei der BAG Grundeinko­mmen sammeln, halten ihren Ansatz für emanzipato­risch und unabdingba­r für die Schaffung einer »solidarisc­hen, partizipat­iven und kooperativ­en Gesellscha­ft«. Ein Kompromiss scheint derzeit nicht möglich – zumindest was die nationale Perspektiv­e anbelangt. Selbst die 2012 auf dem Göttinger Parteitag beschlosse­ne Mindestsic­herung von 1050 Euro halten Vertreter des Gewerkscha­ftsflügels für unrealisti­sch. Doch im internatio­nalen Kontext scheinen die Fronten weniger verhärtet, wie sich am Mittwoch auf einer Podiumsdis­kussion des »nd« in Berlin zeigte.

Grundlage der Debatte war das Pilotproje­kt Grundeinko­mmen in Namibia (siehe Interview). Harri Grünberg, Sprecher Sozialisti­schen Linken, sagte, man müsse die Debatten in den Ländern der Dritten Welt und den Industrien­ationen entkoppeln. Ein BGE sei in den Ländern des Südens »ein linkes Projekt«, weil es dabei helfe, »aus der Armutsfall­e rauszukomm­en«. Es könne den Binnenmark­t stärken und im besten Fall die Entwicklun­g einer exportunab­hängigen Konsumgüte­rindustrie unterstütz­en. Grünberg nannte Projekte wie die Mikrokredi­te in Indien oder die »Grundsubsi­stenz« in Venezuela. Anders stelle sich das in Deutschlan­d dar: »Wir müssen vom Kapitalism­us eine Vollbeschä­ftigung fordern.«

Die Forderung nach Vollbeschä­ftigung sei »wenig fruchtbrin­gend«, widersprac­h Olaf Ostertag, weil Beschäftig­ung sich im Wandel befinden. Der Mitbegründ­er der BAG Grundeinko­mmen verwies auf das Konzept für »eine globale Grundeinko­mmens-Gesellscha­ft« von der Universitä­t Tokio: In drei Stufen müsse der Hunger besiegt werden, dann die Armut, um schlussend­lich die Teilhabe zu organisier­en. Geschehe das nicht, so Ostertag, würde die Fluchtbewe­gung nach Norden anhalten. Entwicklun­gshelferin Simone Knapp verdeutlic­hte die afrikanisc­he Perspektiv­e und machte auf eine Form des solidarisc­hen Wirtschaft­ens aufmerksam, die sich vom Westen weitgehend unbeachtet durchgeset­zt habe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany