Osterfreuden
Früher war die Unterscheidung der Feiertage anhand des TV-Programms einfach: Weihnachten liefen besinnliche Unterhaltungsfilme, in denen es um Menschen ging, die gute Taten vollbrachten. Die Osterzeit begann zunächst am Karfreitag mit düsteren Filmen über die Kreuzigung des Nazareners. Dann, pünktlich zum Glockengeläut am Morgen des Ostersonntags, wechselte das Programm ins heitere Fach. Heute ist Ostern ähnlich wie Weihnachten: Das TVProgramm ist voller aufregender Actionstreifen; Hauptsache es kracht! Seit vielen Jahren wird kritisiert, dass das Fernsehen an den christlichen Feiertagen zu viel Mord und Totschlag zeige. Angeblich, so das Ergebnis mancher Umfrage, wollen sogar die Zuschauer weniger Action und Gewalt an den Festtagen. Allerdings sind die Einschaltquoten bei den genreüblichen Filmen nach wie vor hoch, was entweder bedeutet, dass bei den Umfragen die falschen Leute interviewt wurden, also die, die gerade nicht vorm Fernseher saßen und »Mission Impossible«, »Terminator«, »Batman« oder »Stirb Langsam« geschaut haben, oder die Befragten am Telefon die Antwort gaben, von der sie ausgingen, dass man diese von ihnen erwartet. Soziologen nennen dieses Verhalten »soziale Lüge«. Diese diene dem Wohl des Belogenen oder der Harmonie der Gruppe.
Auch dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ist zu viel Mord und Totschlag im TV-Programm. Statt immer nur Krimis zu senden, sollten das Fernsehen mehr Themen aus der Arbeitswelt der Zuschauer zeigen, forderte vor wenigen Tagen der Vorsitzende des DGB-Bezirks Nord, Uwe Polkaehn. Die Menschen würden täglich viele Stunden im Betrieb verbringen und dort Schönes und Schlechtes erleben, »von Unternehmerwillkür über Lohnkämpfe bis zum Flirt«, meinte Polkaehn. Dies müsste sich auch in den TV-Formaten widerspiegeln. Was wäre aber das für ein Fernsehen, das die Tristesse des Alltags in den Feierabend verlängerte? Im läppischen Zeitvertreib des TV-Konsums würde sich das sture Leben bestätigen, in das man sich schickt.