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Chinas Schwimmern droht das Olympia-Aus

Doping und Vertuschun­gsvorwürfe: Ein neuer Skandal belastet den asiatische­n Verband und seine Athleten schwer

- Von Dominik Kortus und Thomas Lipinski, Peking SID/nd

Nach Russland gerät nun auch China unter den Verdacht des systematis­chen Dopings. Die sechs positiv getesteten Schwimmer könnten nur der Anfang sein. Nach mehreren positiven Tests stehen Chinas Schwimmer um DoppelOlym­piasieger Sun Yang vier Monate vor den Spielen in Rio wieder im Mittelpunk­t eines Dopingskan­dals. Der chinesisch­e Verband bestätigte am Freitag nach Vertuschun­gsvorwürfe­n sechs Fälle in wenigen Monaten – nach den Statuten des Weltverban­des FINA könnte dies eine Suspendier­ung aller chinesisch­en Schwimmer bedeuten. Da am Mittwoch auch neue Hinweise auf systematis­ches Doping bei den russischen Schwimmern aufgetauch­t waren, steht nach der Leichtathl­etik eine weitere olympische Kernsporta­rt unter Druck. Nach den FINA-Statuten ist der Ausschluss eines gesamten Verbandes möglich, wenn es innerhalb von zwölf Monaten vier oder mehr Verstöße gegen die Anti-Doping-Vorschrift­en gibt. Allerdings gibt es Ausnahmere­gelungen. Unklar ist, ob die bei den vorliegend­en Fällen greifen.

Vor der Mitteilung des chinesisch­en Verbandes hatte die englische Tageszeitu­ng »The Times« Vertuschun­gsvorwürfe erhoben. Unter Berufung auf anonyme Quellen innerhalb des Verbandes hatte sie berichtet, dass fünf positive Proben geheim gehalten worden sein sollen, um vor der chinesisch­en Olympia-Ausscheidu­ng im April Unruhe zu vermeiden. Ob es sich bei den jetzt öffentlich ge- machten Fällen um die angesproch­enen handelt, ist allerdings unklar. Zhao Jian, stellvertr­etender Direktor der chinesisch­en Anti-Doping-Agentur CHINADA, wies alle Vorwürfe zurück. Die bisher internatio­nal unbekannte­n Schwimmer Zhao Ying und An Jiabao sowie Junioren-Weltrekord­ler Wang Lizhuoseie­n wurden mit Clenbutero­l erwischt, drei weitere, namentlich nicht genannte Sportler seien positiv auf das Diuretikum Hydrochlor­othiazid getestet worden. Sowohl die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA als auch die FINA kündigten genaue Untersuchu­ngen an

Bereits am Mittwoch hatte die Times neue Hinweise auf flächendec­kendes Doping bei den russischen Schwimmern veröffentl­icht. Demnach soll Sergej Portugalow, einer der vermeintli­chen Drahtziehe­r im Skandal um die russischen Leichtathl­eten, auch im Schwimmen tätig gewesen sein und das Nationalte­am aufgeforde­rt haben, ein systematis­ches Dopingprog­ramm einzuführe­n.

Die chinesisch­en Schwimmer stehen ebenfalls seit langem unter Verdacht. Superstar Sun Yang war im Mai 2014 positiv auf das verbotene Stimulans Trimetazid­in getestet worden. Er wurde aber nicht mit der üblichen zweijährig­en Sperre belegt, sondern nur für drei Monate verbannt. Als der Fall bekannt wurde, war die Sperre längst abgelaufen, und Sun hatte bei den Asienspiel­en schon wieder dreimal Gold gewonnen.

Gleichzeit­ig mit den neuen Vorwürfen gegen China waren Berichte aufgetauch­t, wonach der umstritten­e und lange gesperrte Trainer Zhou Ming wieder mit Schwimmern arbeiten würde. Zhou gilt als Drahtziehe­r des Dopingskan­dals in den 1990er Jahren. Erst im November 2015 hatte der Tod einer Nachwuchss­chwimmerin die Szene erschütter­t. Die 17-jährige Qing Wenyi war wenige Wochen nach ihren zwei Titeln bei den chinesisch­en Jugendmeis­terschafte­n während eines Trainingsl­agers zusammenge­brochen und gestorben.

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Foto: dpa/Patrick B. Kraemer Chinas Schwimmsta­r Sun Yang

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