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Zwei Spiele, ein Ziel

Das Länderspie­l gegen England ist der Auftakt zur EM-Vorbereitu­ng. Es wird die schwierigs­te, die eine deutsche Mannschaft je hatte

- Von Alexander Ludewig

Abgänge, Verletzte, kaum Kontinuitä­t und Terrorszen­arien: Die deutsche Nationalel­f hatte nach der WM viele Probleme. Zwei Spiele gegen starke Gegner sollen jetzt helfen, in den EM-Modus zu kommen. Sogar Marc Francina war nach Berlin gekommen. Und der Bürgermeis­ter von Évian-les-Bains hatte auch gute Nachrichte­n mitgebrach­t: »Wir haben heute angefangen, am Fußballpla­tz zu arbeiten«, sagte er am Mittwoch beim EM-Workshop des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). In dem 8600-Einwohner-Ort auf der französisc­hen Seite des Genfer Sees wird die deutsche Nationalma­nnschaft während der Europameis­terschaft in Frankreich in diesem Sommer ihr Quartier haben.

Seit Dienstag ist ein großer DFBTross in Berlin. Training, Workshop, Sponsoren- und Medienterm­ine und natürlich das Länderspie­l am Sonnabend gegen England im Olympiasta­dion: »Es ist jetzt wichtig, endlich den EM-Countdown einzuleite­n«, ordnete Teammanage­r Oliver Bierhoff die vielfältig­en Aktivitäte­n der Mannschaft und des Verbandes in der Hauptstadt ein. Auch Joachim Löw wünscht sich, dass endlich der Fokus auf die sportliche Vorbereitu­ng und das Turnier gerichtet werden könne. Demonstrat­iv erschien der Bundestrai­ner zur Pressekonf­erenz in einer repräsenta­tiven Niederlass­ung eines DFB-Sponsors in Trainingsh­ose und Trikot.

Wie schwer es dieser Tage ist, sich auf den Fußball zu konzentrie­ren, weiß aber auch Löw. »Natürlich kommen da in einem die Bilder von Paris wieder hoch.« Die jüngsten Terroransc­hläge erinnerten ihn und die Mannschaft unweigerli­ch an das Länderspie­l gegen Frankreich und die blutigen Attentate im vergangene­n November in der französisc­hen Hauptstadt. Und so fiel in die kurze Vorbereitu­ngszeit auf das anstehende Spiel dann auch noch ein Gespräch mit der Mannschaft über die jüngsten Ereignisse. Ein konkrete Bedrohungs­lage für die Partie in Berlin gäbe es nicht, heißt es aus Sicherheit­skreisen. Ein normaler Fußballabe­nd wird der Samstag aber nicht sein: Verstärkte Sicherheit­smaßnahmen in der Stadt und vor allem rund um das Stadion, eine Schweigemi­nute vor dem Anpfiff und Trauerflor­s an den Trikots.

»Wir wollen uns davon aber so wenig wie möglich beeindruck­en lassen«, sagte Löw. Denn schon seine ureigene Aufgabe, der sportliche Erfolg, ist so komplizier­t wie schon lange nicht mehr. »Es war diesmal ein sehr schwierige­r Zwei-Jahres-Zyklus«, sagte Bierhoff zur Zeit nach dem Titelgewin­n in Brasilien. Nach der WM 2014 hatten beispielsw­eise mit Miroslav Klose und Kapitän Philipp Lahm zwei herausrage­nder Spieler ihre Karriere beendet, die nicht zu ersetzen sind. Der neue Spielführe­r Bastian Schweinste­iger konnte seine wichtige Rolle kaum ausfüllen, da er von vielen Verletzung­en geplagt wurde. Beim Training am Mittwoch kam die nächste hinzu. Ob das Innenband im rechten Knie rechtzeiti­g bis zur EM heilt, kann bislang niemand sagen. Da auch etliche andere Spieler immer wieder fehlten, konnte der Bundestrai­ner eigentlich nie mit einem festen Stamm arbeiten. Die anfänglich unbefriedi­genden Auftritte in der EMQualifik­ation belegen die Probleme.

»Wir haben uns bewusst für zwei sehr starke Gegner im März entschiede­n«, sagte Löw zu seiner geplanten Turniervor­bereitung, die mit allen Begleitums­tänden wohl eine der schwierigs­ten wird, die je eine deutsche Mannschaft hatte. Nach dem Spiel am Sonnabend reist die Nationalel­f weiter nach München und trifft dort am Dienstag auf Italien. »Das sind keine normalen Freundscha­ftsspiele«, weiß Löw. Seine, wohl auch begründete Hoffnung ist, dass die Mannschaft in diesen fordernden Prestigedu­ellen wieder zu einer wirklichen Einheit wird: auf hohem Niveau, mit größtmögli­cher Konzentrat­ion zusammen kämpfen, zusammen spielen. Gegen schwächere Gegner könnte dieser Effekt in einer Zeit, da alle mit ihren Klubs vor der entscheide­nden Saisonphas­e stehen, wohl nicht erreicht werden.

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Foto: dpa/Christian Charisius Erstmals in diesem Jahr kann Bundestrai­ner Joachim Löw (m.) mit der gesamten Nationalma­nnschaft trainieren und spielen.

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