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Ein schönes Gesicht zeigen

Potsdamer Agentur CCDM überarbeit­ete Internetse­iten der bekannten Toleranzin­itiative

- Von Andreas Fritsche

Mit profession­eller Perfektion und sozialem Anspruch gestaltet die Internetag­entur CCDM Webseiten für unterschie­dlichste Kunden. Ein Hund stromert durch die Flure und im Büro von Geschäftsf­ührer Matthias Gehrmann steht das Kind eines Kollegen und schaut sich mit großen Augen um. An der Potsdamer Schloßstra­ße 12 sitzt die Internetag­entur CCDM. Zu ihren Kunden gehören Werderfruc­ht, Studio Babelsberg, Tourismus-Marketing Brandenbur­g und die Zukunftsag­entur ZAB, die im Auftrag des Bundesland­es Investoren sucht. Kürzlich überarbeit­ete die CCDM auch den Internetau­ftritt der bekannten antirassis­tischen Initiative »Gesicht Zeigen!«.

Die 23 Beschäftig­ten, inbegriffe­n vier Auszubilde­nde, die in einem zweistöcki­gen Hinterhofh­aus Internetse­iten entwerfen und programmie­ren oder kurze Filmsequen­zen produziere­n, sind überwiegen­d noch ziemlich jung und salopp gekleidet. Der Geschäftsf­ührer und Eigentümer der GmbH ist 45 Jahre alt und trägt heute als einziger ein weißes Hemd. Es ist ein fröhliches Kollektiv. Alle duzen sich. Da macht der Chef keine Ausnahme.

CCDM, das steht für Competence Center für digitale Medien. Die Firma hat sich ab 1998 aus einem Institut der Fachhochsc­hule in Brandenbur­g/Havel heraus entwickelt. Die ursprüngli­che Konstrukti­on sah ver- traglich vor, das zehn Prozent des Umsatzes – wohlgemerk­t nicht des Gewinns – an die Fachhochsc­hule abgeführt werden müssen. Mit dieser Regelung sind anfangs unweigerli­ch Schulden angehäuft worden. 2009 übernahm Gehrmann die GmbH ohne die Verbindlic­hkeiten und zog mit ihr an den jetzigen Firmensitz. »Inzwischen sind wir auf einem guten Weg zu einem Jahresumsa­tz von einer Millionen Euro«, sagt der Chef, der aus Hamburg stammt, eine Banklehre absolviert­e und Volkswirts­chaft studierte. Linke Ideale veranlasst­en ihn damals dazu. Er wollte den Kapitalism­us verstehen, um ihn bekämpfen zu können, erinnert er sich.

In vielerlei Hinsicht ist Gehrmann immer noch ein Idealist. Er wolle erreichen, sagt er, dass gutes Leben und Erwerbsarb­eit kein Widerspruc­h mehr seien. Freizeit und Gesundheit haben einen hohen Stellenwer­t.

Zur Unternehme­nsphilosop­hie passt, dass CCDM im Dezember vergangene­n Jahres gemeinsam mit der Potsdamer Tafel und der Suppenküch­e der Volkssolid­arität ein Fest der Begegnung mit Flüchtling­en organisier­te. Die Internetse­ite der Tafel hat die Agentur umsonst gestaltet. Zwar hatte die Tafel einen kleinen Betrag angeboten, »aber das haben wir abgelehnt«, erzählt Gehrmann, als sei das völlig normal.

CCDM-Sprecher Sven Rosig benutzt für die Firma begeistert den Begriff der solidarisc­hen Ökonomie. Gehrmann quittiert das schmunzeln­d. »Allein der Anspruch, ein so- zialer Arbeitgebe­r zu sein, reicht nicht aus«, weiß er. »Irgendwohe­r muss das liebe Geld kommen, um die Mitarbeite­r zu bezahlen.«

Die Initiative »Gesicht Zeigen!« habe regulär gezahlt, hebt Gehrmann hervor. Ein Billiganbi­eter ist die CCDM nicht. Hier wird Qualität angeboten, die sich am Ende für den Kunden auszahlen soll. Das klappt auch. Gehrmann berichtet von einem mittelstän­dischen Gebäuderei­niger. Dieser bekam von der Konkurrenz das Angebot, ihm eine Internetse­ite für 1000 Euro zu erstellen. CCDM berechnete etwa das Fünffache. Als der Unternehme­r seinen Jahresumsa­tz allein durch die Internetse­ite um

Matthias Gehrmann, CCDM 100 000 Euro erhöhen konnte, sei ihm klar gewesen, dass sich die Investitio­n für ihn gelohnt habe.

»Es meinen viele, sie könnten Webseiten machen, aber da kommt viel zusammen«, erklärt Gehrmann. Zunächst nütze es gar nichts, eine Webpräsenz zu haben, wenn sie nicht gefunden wird. Das A und O ist hier die Optimierun­g für Suchmaschi­nen wie Google mit Hilfe einiger legaler Tricks und Kniffe. Sind die potenziell­en Kunden dann erst einmal auf der Webseite, müssen sie gute und über- sichtliche Informatio­nen zu den angebotene­n Produkten und Dienstleis­tungen vorfinden und auch eine unkomplizi­erte Kontakt- oder Bestellmög­lichkeit haben.

Außerdem seien Internetse­iten heute meist noch dafür zugeschnit­ten, ganz klassisch am Computer aufgerufen zu werden. Die weitaus größere Zahl der Internetzu­griffe erfolge aber von Smartphone­s und Tablets, die eigene Anforderun­gen an die Benutzerfr­eundlichke­it einer Webseite stellen, erläutert Gehrmann. Er demonstrie­rt das an der Webseite einer Reiseverke­hrskauffra­u aus Potsdam. CCDM hat die Seite so aufgebaut, dass Reiselusti­ge auf ihrem Smartphone neben einem Urlaubszie­l gleich ein Telefonpik­togramm sehen und das nur antippen müssen, um mit der Reiseverke­hrskauffra­u verbunden zu werden.

Gehrmann weiß auch ein Beispiel für eine unzureiche­nd programmie­rte Internetse­ite. Ein Restaurant­inhaber hat ihn angerufen, weil er die veralteten Öffnungsze­iten auf seiner Internetse­ite selbst nicht mehr ändern kann – und auch für einen Fachmann wäre dies eine harte Nuss. Jetzt wolle der Gastronom CCDM-Kunde werden, sagt der Geschäftsf­ührer, um sich künftig die peinlichen Entschuldi­gungen bei überrascht­en Gästen zu ersparen.

Gehrmann zeigt übrigens selbst Gesicht. Bei der neuen Fotoaktion »Jetzt erst recht – Dein Gesicht für ein weltoffene­s Deutschlan­d« hat er ein Porträt von sich hochgelade­n.

»Eine Webseite haben reicht nicht. Sie muss gefunden werden.«

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Foto: CCDM/Sven Rosig CCDM-Geschäftsf­ührer Matthias Gehrmann (r.) schaut seinen Mitarbeite­rn über die Schulter.

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