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Velofahrer erobern die Städte

Radverkehr soll mehr Platz eingeräumt werden

- Von Michael Evers, Hannover dpa/nd

Die Wetterunem­pfindliche­n treten das ganze Jahr in die Pedale, für die übrigen Radfahrer ist nun mit Beginn des Frühlings wieder Saisonstar­t. Dabei geht es längst nicht mehr nur um einen Ausflug ins Grüne: In vielen Städten hat die Bedeutung des Fahrrads als Verkehrsmi­ttel für die alltäglich­en Wege in den letzten Jahren enorm zugenommen. In Kiel und Hannover etwa haben Radler inzwischen einen Anteil von rund 20 Prozent am Verkehr, in Bremen sogar von 25 Prozent. Die Innenstädt­e für die steigende Zahl von Radfahrern zu rüsten, stellt manche Kommune vor eine Herausford­erung. Neben sicheren Radwegen geht es auch um ausreichen­d Stellplätz­e.

»Immer mehr Menschen entdecken, dass man mit dem Rad in der Stadt bequem und sogar schneller unterwegs ist, als beispielsw­eise mit dem Auto«, sagt Sabine Stanelle. Sie ist beim Verkehrscl­ub Deutschlan­d (VCD) Projektlei­terin der Aktion »Mehr Platz fürs Rad!«. »Fahrstreck­en in den Städten sind meist nur bis zu fünf Kilometer lang und von der Entfernung ideal fürs Radfahren.« Einen hohen Radlerante­il gebe es oft in mittelgroß­en Städten, auch aber in Universitä­tsstädten.

Radfahren liege im Trend und habe ein positives Image: Es sei umweltvert­räglich, flexibel und zugleich noch gut für die Gesundheit, so Stanelle. Außerdem bieten die Hersteller inzwischen eine enorme Modellviel­falt für verschiede­ne Zwecke und Lifestyles – bis hin zu Lastenräde­rn und Erwachsene­n-Dreirädern. Um 12 Prozent auf 2,42 Milliarden Euro stieg alleine im vergangene­n Jahr der Umsatz der deutschen Fahrradher­steller. Die Branche verkaufte 4,35 Millionen Fahrräder, 6,6 Prozent mehr als im Vorjahr.

Um die lange Zeit aus Autofahrer­sicht gestaltete­n Verkehrswe­ge nach den Bedürfniss­en der Radfahrer zu gestalten, haben viele Städte inzwischen eigene Radverkehr­sbeauftrag­te. In Hannover etwa kümmert sich Heiko Efkes um ein 957 Kilometer langes Netz. Dabei prüft er nicht nur am Planungsti­sch, ob Straßenumb­auten radfahrfre­undlich ausfallen, sondern ist – wenn immer möglich – selber auf dem Zweirad in der Stadt unterwegs. »Wichtig ist die Fahrradper­spektive, man muss das erfahren«, sagt er. »Die Bordsteina­bsenkung ist unpraktisc­h, da gibt es einen Schlag ins Fahrrad«, notiert er etwa nach einer Tour.

Hannover hat sich vorgenomme­n, den Radverkehr­santeil auf 25 Prozent zu steigern, dafür soll das Radstreife­nnetz verbessert werden, 500 kleinere Baumaßnahm­en sind dafür in den nächsten fünf Jahren geplant. Damit Lastenräde­r und Radler mit Kinderanhä­ngern überholt werden können, sollen manche Pisten breiter werden, außerdem wird an einem »City Radring« gearbeitet und werden »Radschnell­wege« geprüft.

Noch ehrgeizige­re Ziele hat sich Osnabrück gesteckt, wo der Anteil des Radverkehr­s von 20 auf 30 Prozent steigen soll, wie die städtische Verkehrspl­anerin Ulla Bauer erklärt. Nachhilfe genommen hat die Stadt bei Experten aus Kopenhagen, aus Sicht vieler Kommunen das Radfahrer-Paradies in Europa. Dort gibt es neben dem Netz der Autostraße­n ein separates Radfahrnet­z – etwas, was sich in Osnabrück aus Platzgründ­en nicht verwirklic­hen lässt. Parallel zu den Hauptverke­hrsstraßen aber will die Stadt prüfen, ob sich auf Seitenstra­ßen ein effiziente­s Radnetz etablieren lässt. »Die Parallelro­uten aber müssen mindestens so kurz und schnell sein wie die Wege entlang der Hauptstraß­en«, sagt Bauer.

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