Kapitaler Angeklagter
Die Macht der italienischen Mafia reicht weit in die Gesellschaft hinein. Journalisten, Beamte, Unternehmer und Polizisten stecken mit ihr unter einer Decke. Auch hochrangige Berufspolitiker sind nicht immun – wie unter anderem Gianni Alemanno, der ehemalige Bürgermeister von Rom beweist. Dem 58-Jährigen wird im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen ein kriminelles Netzwerk nun der Prozess gemacht.
Während Alemannos Amtszeit von 2008 bis 2013 soll das organisierte Verbrechen in Italiens Hauptstadt, die »Mafia Capitale«, einen regelrechten Aufschwung erlebt haben. Alemanno selbst habe laut Staatsanwaltschaft etwa 125 000 Euro Bestechungsgelder erhalten. Mehreren alten Weggefährten soll er lukrative städtische Posten verschafft haben. Er selbst weist die Anschuldigungen zurück: »Ich habe ein reines Gewissen und deswegen auch nichts zu verhandeln.«
Insgesamt 46 Angeklagte stehen in dem umfangreichen Prozess vor Gericht, darunter mehrere Personen aus dem rechtsterroristischen Milieu. In diesem kennt sich auch Alemanno bestens aus: Schon als Student galt der Offizierssohn als rechter Schläger, viermal wurde er festgenommen. Acht Monate verbrachte er für den Wurf eines Molotow-Cocktails auf die sowjeti- sche Botschaft in Haft. 1988 wurde er Chef der Jugendorganisation der neofaschistischen Partei Movimento Sociale Italiano. Es folgten mehrere politische Wechsel und die Arbeit als Landwirtschaftsminister unter Silvio Berlusconi. 2008 trat er für die konservative Popolo della Libertà als Bürgermeisterkandidat an.
Ganz konnte sich der Ehemann von Isabella Rauti, Tochter des rechtsextremen Pino Rauti, wohl nicht von den alten Idealen lösen: Medienberichten zufolge hat Alemanno zahlreiche linke Jugendzentren räumen lassen, während er gleichzeitig Jugendclubs finanzierte, die von Neofaschisten genutzt wurden. In seiner Amtszeit konnte sich die rechtsextreme Bewegung »Casa Pound« ungehindert in Rom ausbreiten.