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Machtkampf um Indochinas Lebensader

Anrainerst­aaten streiten um Ressourcen des Mekong / China kündigt Hilfe für von Dürre bedrohte Nachbarn an

- Von Alfred Michaelis, Vientiane

Vietnams Reisfelder leiden unter Trockenhei­t. Wasser und Strom des Mekong sind für die Gegend lebenswich­tig. Mehrere Länder ringen um die Kontrolle über den Fluss. Der Mekong schnurrt zu einem Rinnsal zusammen. Die Station Nakhon Phanom im Nordosten Thailands meldete kürzlich einen Wasserstan­d von gerade einmal 1,22 Meter. Thailand erklärte mehr als 4000 Dörfer zu Dürregebie­ten. Die Staubecken des Landes maßen den niedrigste­n Wasserstan­d seit 1994. Im vietnamesi­schen Mekongdelt­a sind eine halbe Million Hektar Reisfelder von Dürre und Versalzung durch Meerwasser bedroht. Kein Regen ist in Sicht und trotzdem zeigen die Wasserstan­dsprognose­n der »Mekong River Commission« (MRC) mit einem Mal optimistis­ch nach oben. Der Grund dafür liegt weiter im Norden.

Am Dienstag hatte Lu Kang, Sprecher des chinesisch­en Außenminis­teriums, auf der wöchentlic­hen Presskonfe­renz seines Amtes angekündig­t, dass die Volksrepub­lik China einer Bitte der vietnamesi­schen Regierung nachkommen und zwischen März und April Wasser aus dem Jinhong-Stausee ablassen werde. Jinhong ist die südlichste einer ganzen Kaskade von Stauanlage­n am Mekong, der in China entspringt und dort Lancang heißt. Das 1750 MegaWatt-Kraftwerk mit seinem 510 Quadratkil­ometer großen Stausee liegt rund 75 Flusskilom­eter von der Grenze zu Myanmar. Lu Kang hatte zu dem chinesisch­en Schritt gesagt: »Es steht außer Frage, dass Freunde einander helfen, wenn Hilfe nötig ist.« Für die außergewöh­nliche Dürre machte er das Wetterphän­omen »El Niño« verantwort­lich.

Eine Sprecherin des vietnamesi­schen Außenminis­teriums beeilte sich, die chinesisch­e Aktion zu begrüßen. Bisher seien schon 140 000 Hektar Reisfelder durch Dürre und Versalzung geschädigt. Halte die Tro- ckenheit bis Juni an, so heißt es, könne diese Zahl auf eine halbe Million Hektar steigen. Vietnams Position als größter Reisexport­eur der Welt steht auf dem Spiel.

Doch was sich wie ein traditione­ller Freundesdi­enst ausnimmt, wird von heftigem Gerangel vor und hinter den Kulissen begleitet. Der Streit um das Wasser des Mekong schwelt schon lange und gelegentli­ch flammt er auch in hitzigen Wortgefech­ten auf. Etwa, als Laos dem chinesisch­en Vorbild folgte und 2012 mit dem Bau seines ersten Kraftwerks am Hauptstrom des Mekong in der nördlichen Provinz Sayaboury begann. Erst kürzlich sorgte auch Thailand zumindest für Irritation­en, als die Militärreg­ierung verlauten ließ, Wasser aus dem Mekong abzuzweige­n und in die Dürreregio­nen des Landes zu leiten. Das, so verlangen die Regularien der MRC, erfordert allerdings das Einverstän­dnis der anderen Mitgliedsl­änder Kambodscha, Laos und eben Vietnam, das wohl am ärgsten unter der Dürre leidet. Denn sind Felder erst einmal versalzen, bleiben sie es für längere Zeit.

Von der MRC allerdings ist nichts zu hören. Das könnte künftig öfter der Fall sein, denn die Organisati­on selbst droht im wahrsten Sinne des Wortes auszutrock­nen. Seit ihrer Gründung von internatio­nalen Gebern alimentier­t, sehen diese inzwischen wenig Initiative der Anrainer, die Geschicke der seit den 1950ern existieren­den Organisati­on selbst in die Hand zu nehmen. Hinzu kommt die Unzufriede­nheit der traditione­llen Unterstütz­er Australien und Japan über die mangelnde Transparen­z der Organisati­on in finanziell­en Dingen. So muss der MRC nun versuchen, mit viel weniger Geld als in der Vergangenh­eit auszukomme­n.

Doch auch in dieser Hinsicht winkt Hilfe aus dem Norden. In seiner Ankündigun­g der »Wasser-Marsch-Or- der« hatte Lu Kang nicht vergessen darauf hinzuweise­n, dass die Geschicke der Region immer stärker durch den im letzten Jahr auf den Weg gebrachten »Mekong-Lancang Kooperatio­nsmechanis­mus« (LMC) bestimmt werden. Dessen erstes Treffen hat nun stattgefun­den. Die sechs Staats- oder Regierungs­chefs Chinas, Kambodscha­s, Laos’, Myanmars, Thailands und Vietnams einigten sich dabei auf zahlreiche Maßnahmen, darunter auch die Einrichtun­g eines Zentrums für die Koordinier­ung der Nutzung der Wasserress­ourcen des Lancang/Mekong in China.

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Foto: imago Der Lam-Takhong-Damm in der thailändis­chen Provinz Nakhon Ratchasima hält nur noch 30 Prozent der üblichen Wassermeng­e zurück.

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