Kongos Regime sichert seine Macht
Denis Sassou-Nguesso wurde in dem ölreichen Land offiziell wiedergewählt / Opposition ruft zu Protesten auf
15.04.2016
> Denis Sassou-Nguesso beherrscht die Republik Kongo seit über 30 Jahren mit harter Hand. Nach offiziellen Angaben ist er mit 60 Prozent in seinem Amt bestätigt worden. Die Spannung stieg eine Woche nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl in der Erdölrepublik von KongoBrazzaville, auch bekannt als Republik Kongo, noch einmal. Der langjährige Staatschef Denis Sassou-Nguesso
Neue nd- Leserr
eise war nach offiziellen Angaben mit 60 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt worden. Die Opposition erkennt das Ergebnis jedoch nicht an und hat zu Protesten aufgerufen. Diese sollten friedlich verlaufen, hieß es in einer Erklärung von fünf unterlegenen Kandidaten der Abstimmung vom 20. März. Die Umstände des Urnengangs bezeichneten sie als »Machtmissbrauch«. Die ärgsten Herausforderer – der ehemalige Minister Guy-Brice Parfait Kolélas und der General Jean-Marie Michel Mokoko – erhielten 15 respektive 14 Prozent. Claudine Munari, André Okombi Salissa und Pascal Tsaty Mabiala waren noch weiter abgeschlagen.
Die Oppositionskandidaten fordern eine Neuauszählung der Stimmen. In ihrer Erklärung hieß es, die Bürger des Landes sollten »von ihrem Souveränitätsrecht Gebrauch machen«, friedlich protestieren und zivilen Ungehorsam üben. Für diesen Dienstag riefen sie ihre Anhänger zu einem Streik auf.
Erst ein von der Opposition boykottiertes Referendum über eine Verfassungsänderung Ende Oktober ebnete dem 72-jährigen Sassou-Nguesso den Weg für eine erneute Kandidatur. Das bis dahin auf 70 Jahre festgesetzte Höchstalter eines Staatschefs sowie die Begrenzung auf zwei Amtszeiten wurden aufgehoben. Bei Protesten gegen das Referendum war es mehrfach zu gewaltsamen Zusammenstößen mit Sicherheitskräften gekommen, 46 Menschen starben, über 60 wurden verletzt.
Schon vor dem Wahlgang war damit klar, wer sich am Ende als Sieger präsentieren würde. Selbst die EU, die Vereinten Nationen und die Internationale Organisation französischsprachiger Staaten (OIF) hatten auf die Entsendung von Wahlbeobachtern verzichtet. Gleichzeitig war das kom- plette 4,5 Millionen Einwohner zählende Land für drei Tage von der Kommunikation mit der übrigen Welt abgeschnitten. Das Regime blockierte den Zugang zu Telekommunikation und sozialen Medien.
Auch Jean-Marie Michel Mokoko, der als einziger Bewerber die Rolle als »unabhängiger Kandidat« ein wenig ernst genommen hat, bekam den Druck des Regimes zu spüren. Sein Wohnsitz wurde Mitte Februar von Polizeikräften umzingelt, am Tag vor der Wahl wurde er abermals von den Sicherheitskräften vorgeladen. Wie zu erwarten, verfügte er nicht über die Mittel, einen annähernd mit dem des »offiziellen Kandidaten« vergleichbaren Wahlkampf zu führen.
Sassou-Nguesso setzte während der Wahlkampagne auch Drohnen und Fesselballons ein. Anfang März, zur Eröffnung der offiziellen Wahlkampfphase, ließ er dann die Panzer in zwei Kolonnen durch die Hauptstadt Brazzaville rollen.
Eine unrühmliche Rolle spielten aber auch einige Medien. Die im französischsprachigen Afrika vertriebene und in Paris erscheinende Zeitschrift »Jeune Afrique« gab die ersten Wahlergebnisse bekannt. Sassou-Nguesso erhielt demnach angeblich 67 Prozent der abgegebenen Stimmen. Dass das Wochenmagazin die offiziellen Zahlen kritiklos übernimmt, ist jedoch nicht sonderlich rätselhaft. Dessen Herausgeber François Soudan ist mit einer Nichte Sassou-Nguessos verheiratet und verkehrt in der Familie. Auch die offizielle Politik Frankreichs hat Sassou-Nguesso immer wieder aktiv unterstützt.
Der Autokrat regiert das Land bereits seit 35 Jahren, seine Herrschaft war nur von einer kurzen Oppositionszeit ab 1992 unterbrochen. Nach rund fünf Jahren putschte sich Sassou-Nguesso blutig zurück an die Macht. Im Juni 1997 schrieb die französische Zeitung »Le Monde« offen, er werde dabei durch den französischen Ölkonzern ELF – inzwischen TOTAL – unterstützt, in dessen Hochhaus im Pariser Geschäftsviertel La Défense damals ein ständiger Stab zur Situation in Kongo eingerichtet war.
Noch heute hält Frankreich neben der ökonomischen auch eine enge militärische Kooperation mit dem Regime aufrecht. Erst 2015 wurde das neueste Abkommen über eine militärische Zusammenarbeit mit KongoBrazzaville abgeschlossen. Der französische Militärberater Eric Misserey arbeitet bei der Direktion der nationalen Gendarmerie, also der Militärpolizei des Landes.
Die US-Administration hält etwas größere Distanz zum Regime. Sie forderte die Aufhebung der während der Wahl verhängten Kommunikationssperre. Auch mehr »Transparenz« wurde gewünscht. Die ist von dem Regime aber wohl kaum zu erwarten.