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Beschäftig­te V-Mann Mundlos und Zschäpe?

Neue Enthüllung­en um den NSU werfen die Frage auf, wie nahe der Geheimdien­st dem Terrortrio kam

- Von Velten Schäfer

NSU-Terrorist Mundlos hat offenbar in einer Firma eines VManns des Bundesverf­assungssch­utzes gearbeitet – und womöglich auch Zschäpe. Opfer wollen Antworten von Merkel.

»Ein paar Neuigkeite­n« versprach der Journalist Stefan Aust per Twitter, als er am Mittwoch die ARD-Dokumentat­ion »Der NSUKomplex« ankündigte. Und tatsächlic­h sahen sich die Agenturen am Donnerstag veranlasst, Hintergrün­de zum Thema »Wie tief ist der Verfassung­sschutz in den NSU-Skandal verwickelt?« zu bringen.

Nach dem Bericht war der NSUTerrori­st Uwe Mundlos zwischen 2000 und 2002 in einer Zwickauer Baufirma als Vorarbeite­r beschäftig­t, die der Neonazi Ralf Marschner gegründet hatte. Dieser war bis 2002 der V-Mann »Primus« des Bundesamts für Verfas- sungsschut­z. In diese Zeit fallen die NSU-Morde in Nürnberg und München – während die Firma dort tätig war und auch Kfz gemietet hatte. Den Reportern gegenüber, die Marschner in Liechtenst­ein aufspürten, bestritt dieser die Vorhaltung.

Bisher bekannt war, dass der »Bauservice Marschner« in der fraglichen Zeit einen Max-Florian Burkhardt beschäftig­te, der das Trio zeitweise versteckt haben soll. Das Team der »Welt« um Aust machte nun einen Bauprojekt­manager ausfindig, der mit der Firma zu tun hatte und den dort beschäftig­ten Burkhardt als Mundlos identifizi­erte.

Laut dpa hat Beate Zschäpe zudem einige Jahre später in dem Geschäft »Heaven and Hell« gearbeitet, das gleichfall­s Marschner gegründet hatte.

Bereits im November 2014 berichtete das Antifablat­t »Der Rechte Rand« von der Aussage eines »langjährig­en Geschäftsp­art- ners« Marschners: Er habe Zschäpe öfter in dem 2005 gegründete­n Laden gesehen; dort gearbeitet habe sie aber nicht. Nun zitiert dpa offenbar denselben Mann – einen »früheren Partner« – gegenteili­g: »Ich habe nicht Nein gesagt«, antwortete er auf die Frage nach einer Tätigkeit Zschäpes in dem Laden. Nach seiner jetzigen Aussage soll »Heaven and Hell« allerdings erst seit 2008 existiert haben. Marschner verschwand 2007 aus Zwickau.

Die Enthüllung­en lösen abermals scharfe Kritik aus. Das Bundesamt kennt weiterhin »keine Anhaltspun­kte« dafür, dass es im Umfeld der Dienste Informatio­nen über das Trio und seine Taten gab. Mehmet Daimagüler, Nebenklage­anwalt im NSU-Prozess, fordert dagegen »Antworten auch von Merkel«. Für die sächsische Politikeri­n Kerstin Köditz (LINKE) zeigt sich erneut, wie »nutzlos ein System von V-Leuten ist«. Für Linksparte­ichefin Katja Kip- ping muss, »wer Verfassung schützen will, (...) diese Dienste abschaffen«. Irene Mihalic, für die Grünen im NSU-Ausschuss des Bundestags, fragt via Twitter: »Wer glaubt da noch an Zufälle?«

Unterdesse­n kam es in der Nacht zu Donnerstag im rheinland-pfälzische­n Bingen zu einem Brand in einem auch von Flüchtling­en bewohnten Haus. Dessen Fassade wurde mit Hakenkreuz­en beschmiert.

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