Perus Altlasten
Alle Präsidenten machen den Kotau vor den großen Minenunternehmen
Diktatorentochter Keiko Fujimori will Präsidentin werden.
Perus Präsident Ollanta Humala war 2011 mit einem linken Programm angetreten: mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Bildung und weniger Bergbaukonflikte. Viel ist daraus nicht geworden.
Conga, Tía María, Las Bambas, la Oroya, Río Blanco – die Liste der Bergbauprojekte, die von der Bevölkerung abgelehnt wurden und wo die Regierung in Lima mit Schlichtungsversuchen alle Hände voll zu tun hat, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. »Dabei ist Ollanta Humala angetreten, um genau diese Konflikte zu regulieren, Mechanismen zu schaffen, die die Grundrechte der Bevölkerung schützen«, erklärt José de Echave. Der Bergbauspezialist gehört zu denjenigen, die gehofft haben, dass Humala genau das hinbekommt, was Peru so dringend braucht: Leitplanken für den Bergbau. »Die lokale Bevölkerung muss gefragt werden, Flächennutzungspläne erstellt werden, sensible Ökosysteme genauso wie die Interessen von Bauern geschützt werden«, erklärt de Echave und reibt die Handflächen aneinander. Durch Reibung entsteht Hitze und im Fall Perus ist reichlich Hitze unter dem Topf. Die Regierung von Ollanta Humala hat es nicht geschafft, für Kompromisse zwischen Investoreninteressen und lokalen Interessen zu sorgen.
Mehr Ausgaben für Armutsbekämpfung und Bildung lautete die Formel, mit der Ollanta Humala vor fünf Jahren antrat. Auf dem Papier hat er durchaus Erfolge vorzuweisen, denn der Deal mit der Bergbaulobby, an der in Peru kein Weg vorbeiführt, hat ihm Devisen in die Regierungskasse gespült. Die Armutsindikatoren sehen heute deutlich besser aus als vor vier Jahren, wobei staatliche Umverteilungsmechanismen eher eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Doch das kann sich schnell wieder ändern, denn die Politik von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank, die auf den Ausbau der Bergbauaktivitäten setzten, ist durch den Verfall der Rohstoffpreise längst Makulatur. Nun rächt es sich, dass Peru einseitig auf den Bergbau setzte, der zwar riesige Investitionen in das lateinamerikanische Land spülte, aber nur wenige Arbeitsplätze schuf.
Das peruanische Wirtschaftsmodell findet in Washington großen Anklang. Weltbankpräsident Jim Yong Kim lobte Peru als »Wachstumsstar« und IWF-Direktorin Christine Lagarde verglich das Rezept für das Wirtschaftswachstum Perus mit dessen international hochgelobter Küche. Das war im Oktober vergangenen Jahres und schon da wa ren die Worte schal, denn sinkende Preise wiesen auch auf die einseitige Abhängigkeit Perus vom Bergbau hin. So ist das Wachstum inzwischen auf weniger als die Hälfte der 6,3 Prozent geschrumpft, die Peru von 2002 bis 2012 im Schnitt erreichte, und die das Land in die positiven Schlagzeilen brachte und für die Verdopplung des Pro-Kopf-Einkommens auf mehr als 6600 Dollar sorgte.
José de Echave hält das für schönen Schein: »Die Realität ist, dass die Fiesta der Weltbank und des IWF erst steigt, wenn alle sich einig sind, dass die Party längst vorbei ist«, sagt der Ökonom und frühere Vizeumweltminister im Kabinett Humala ironisch. Unter Protest hatte er nach einem halben Jahr das Handtuch geworfen. Da war er sich sicher, dass Humala zu wenig Rückgrat hat, um für den erhofften Wandel zu sorgen. »Peru hat die einmalige Gelegenheit verspielt, während des Bergbaubooms seine Wirtschaft zu diversifizieren«, kritisiert de Echave. Kapital wäre dazu da gewesen, so die Logik des Ökonomen.
Menschenrechtsexperten wie Rocío Silva Santiesteban machen die schlecht abgestimmte Investitionspolitik von Regierung und privaten Bergbauunternehmen für das Aufflackern der Konflikte verantwortlich. Was Peru fehlt, sind Innovation und öffentliche Institutionen, die regulieren, kontrollieren und Umweltauflagen auch durchsetzen, kritisieren Experten des Weltwirtschaftsforums. Das sieht Peru weltweit im unteren Fünftel – ein Grund, weshalb Peru weiter um Investitionen im Bergbau wirbt und das seit dem Juni 2014 mit vergleichsweise laxen Bestimmungen. Da wurden die Umweltauflagen der Regierung in Lima per Gesetz noch weiter gelockert. Eine Einladung an Investoren mit eher niedrigen Umweltschutzstandards.
Dazu passt, dass wenige Monate später ein einstiges Vorzeigeprojekt Perus zum Konfliktbergbau wurde: Las Bambas. Der Protest richtete sich gegen das Vorhaben des Unternehmens, zerkleinertes Erz statt wie geplant durch eine Pipeline mit Lastwagen durch Ortschaften zu transportieren und so die Umweltbelastung zu erhöhen. Bei den Protesten wurden drei Menschen getötet, danach rief die Regierung den Notstand aus. Business as usual in Peru und ob sich die nächste Regierung traut an den Strukturen etwas zu ändern, ist fraglich. Die linke Kandidatin Verónika Mendoza hat es versprochen.