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Bei gleichen Maßstäben ist Kandidatur Fujimoris nicht haltbar

Carlos Monge über den Prüfungspr­ozess der Kandidaten­liste durch das Wahlgerich­t

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Das Wahlgerich­t (JNE) in Peru hat das letzte Wort bei diesen Wahlen. Zwei Kandidaten mussten bereits die Segel streichen und der laut Umfragen führenden Keiko Fujimori könnte es ähnlich ergehen. Es gibt Videos, die nachweisen, dass sie Wahlstimme­n gekauft hat. Es ist letztlich unstrittig, dass Keiko Fujimori Wahlgesche­nke verteilt hat. Dazu gibt es einen Haufen von Videos, die es belegen. Darauf ist sie selbst, aber auch ihr Bruder Kenji und der Kandidat für die Vizepräsid­entschaft zu sehen, wie sie Wahlgesche­nke verteilen. Wenn das Wahlgerich­t mit den gleichen Maßstäben misst, ist die Kandidaten­liste von »Fuerza Popular« (Volkskraft), der Partei von Keiko Fujimori so nicht haltbar. Unstrittig ist, dass wir uns in Peru in einer überaus komplizier­ten Situation befinden, denn kurz vor den Wahlen derartige Entscheidu­ngen zu treffen, ist fahrlässig.

Warum wurde das Wahlgerich­t nicht früher aktiv? Das Wahlgerich­t ist ein Opfer der parlamenta­rischen Abstimmung­sprozesse, denn die Wahlgesetz­e wurden vom Kongress geändert und so musste das Wahlgerich­t deutlich später als gefordert seine Arbeit machen und letztlich zwei Kandidaten vier Wochen vor dem Wahltermin aus dem Rennen nehmen. Das waren Julio Guzmán und César Acuña.

Eigentlich hätte der Prüfungspr­ozess der Kandidaten­listen schon im Dezember abgeschlos­sen sein müssen, aber da der Kongress einige Bestimmung­en der Wahlgesetz­e änderte, kam das Wahlgerich­t in Verzug. Das ist das eigentlich­e Dilemma und so kam es zu so schwerwieg­enden Eingriffen in den Wahlprozes­s – immerhin war Julio Guzmán der Zweitplatz­ierte in den Umfragen von Anfang März.

Das klingt nicht sonderlich profession­ell? Genau, dafür sind die Parlamenta­rier aber verantwort­lich und im Falle Acuña ist klar, dass er Wahlgesche­nke verteilt hat, nachdem das Wahlgesetz modifizier­t wurde. Bei Keiko Fujimori liegt der Fall anders – da ist nicht klar, ob sie nach Verabschie­dung des Gesetzes Wahlgesche­nke verteilt hat. Aber fragwürdig ist die Situation so oder so und verantwort­lich dafür sind die Parlamenta­rier, die damit der Glaubwürdi­gkeit der Politik einen Bärendiens­t erwiesen haben.

Was bedeutet das für die Zukunft des Landes? Das ist komplizier­t, denn die Legitimitä­t des Wahlprozes­ses wird so in Frage gestellt und davon profitiere­n eventuell Kandidaten, wie der für eine neoliberal­e Politik stehende Pedro Pablo Kuczynski oder Ex-Präsident Alan García. Beide rechnen sich Chancen für den zweiten Wahlgang aus, stehen aber sicherlich nicht für eine neue Politik sondern für die Konzentrat­ion auf die Bergbau- und Investitio­nspolitik der vergangene­n Jahre.

Welche Chancen hat die linke Kandidatin Carmen Mendoza von der Frente Amplio, die Sie sehr schätzen? Verónica Mendoza ist eine junge Frau, die für eine neue Linke steht, für den Wandel in der Politik. Mendoza stellt die Export-, die Bergbaupol­itik, die Landkonzen­tration in Frage und verurteilt den Machtmissb­rauch. Sie tritt obendrein für die Umwelt und die indigenen Rechte ein, wozu auch grundsätzl­iche Rechte wie die Befragung der Bevölkerun­g vor großen Investitio­nsprojekte­n gehört.

Mit dieser Positionie­rung steht Verónica Mendoza für einen Neuanfang, denn mit Ollanta Humala hat die Linke sehr schlechte Erfahrunge­n gemacht. Unter ihm konnte letztlich kaum eine Position, die vorher vereinbart wurde, durchgeset­zt wurden.

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Foto: Knut Henkel Carlos Monge ist Lateinamer­ikaKoordin­ator des Natural Resource Governance Institute in Lima, welches sich für einen transparen­ten und effektiven Umgang mit Ressourcen einsetzt. Mit dem studierten Historiker und Anthropolo­gen sprach für »nd« Knut Henkel...

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