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Landeschef Gebhardt in Rente mit 64

Sachsen-Anhalts DGB vor Führungswe­chsel im Herbst

- Von Hendrik Lasch

Hohe Arbeitsbel­astung und mehr Zeit für die Familie – die scharfe Kritik an der vermeintli­chen CDU-Unterstütz­ung im Dezember war nur ein Grund für den vorzeitige­n Rücktritt von Udo Gebhardt. An der Spitze des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes (DGB) in Sachsen-Anhalt steht Anfang Oktober ein Wechsel an. Nach gut 13 Jahren gibt Udo Gebhardt vorzeitig den Landesvors­itz ab. Der gerade 64 Jahre alt gewordene Dessauer, der zugleich stellvertr­etender Chef des DGB-Bezirks Niedersach­sen, Bremen und Sachsen-Anhalt ist, nimmt eine interne Regelung zum vorzeitige­n Renteneint­ritt in Anspruch. Seine Nachfolger­in soll Susanne Wiedemeyer werden.

Als die Nachricht vom geplanten Rückzug durchsicke­rte, erinnerten Journalist­en umgehend an einen Vorfall vom Dezember, bei dem sich Gebhardt schwer in die Nesseln gesetzt hatte und für den er von Kollegen aus den Einzelgewe­rkschaften gegrillt wurde. Im anlaufende­n Wahlkampf für die Landtagswa­hl hatte er damals den CDU-Parteitag besucht, auf dem Ministerpr­äsident Reiner Haseloff zum Spitzenkan­didat gekürt wurde, und dort dem »lieben Reiner« alle Unterstütz­ung zugesagt. Haseloff, der aus Wittenberg stammt, und Gebhardt kennen sich seit Urzeiten. Die IG Metall warf ihm danach indes »einseitige Unterstütz­ung« der CDU vor; auch bei ver.di und der IG BAU war man sauer, ganz zu schweigen von der SPD, für die Gebhardt 2009 in den Bundestag ziehen wollte und die er im Stadtrat Dessau vertrat.

Der vermeintli­che Fehltritt, der intern die Fetzen hatte fliegen lassen, sei freilich nicht der Grund für seinen Rückzug, sagte Gebhardt – sondern nur ein Anlass unter vielen. Auch die hohe Arbeitsbel­astung und der Wunsch, mehr für die Familie da sein zu können, hätten ihn bewogen, die Regelung in Anspruch zu nehmen.

Gebhardt, der einst Maurer gelernt, später Arbeitsrec­ht studiert und beim FDGB gearbeitet hatte, leitete zunächst den DGB-Kreis in Dessau und Anhalt. 2003 wurde er dann zum Nachfolger von Jürgen Weißbach an der Spitze des DGB-Bezirks gewählt, der im Jahr zuvor seine Eigenständ­igkeit eingebüßt hatte. Der neue Landeschef gehörte 2006 zu den Initiatore­n eines landesweit­en »Bündnisses Mindestloh­n«, das sich für eine flächendec­kende Untergrenz­e beim Lohn einsetzte – ein heißes Eisen in dem Bundesland, das lange mit Niedriglöh­nen um Investoren warb.

Im Bündnis arbeitete Gebhardt eng mit der LINKEN zusammen. Auch auf deren Parteitage­n trat er regelmäßig auf und hielt Reden, die zweifeln ließen, dass er tatsächlic­h ein SPD-Parteibuch in der Tasche hat.

Ein Aktivposte­n war der Landeschef des DGB auch, wenn es um die Auseinande­rsetzung mit Rechtsextr­emen ging. Mit dem aus Dessau stammenden Anwalt Ingmar Knoop, zunächst Mitglied der DVU und später bei der NPD gelandet, musste er sich sogar einen juristisch­en Streit liefern, weil der sich dagegen wehrte, von Gebhardt im Stadtrat als »Nazi« bezeichnet zu werden.

Bis zum Eklat im Dezember galt Gebhardt als unangefoch­ten. Bei seiner Wiederwahl als Bezirksviz­e im Februar 2014 war er auf 91,4 Prozent gekommen – weit mehr als DGB-Bezirksche­f Hartmut Tölle. Gewählt wäre er bis 2018; nun tritt er bereits anderthalb Jahre früher ab. Bis September will er seine Nachfolger­in einarbeite­n – die sich in der Region freilich bereits bestens auskennt: Susanne Wiedemeyer, die in Freiburg gebürtig ist und Jura studiert hat, ist seit 1992 beim DGB Sachsen-Anhalt beschäftig­t. Sie ist bisher unter anderem für Wirtschaft­s- und Strukturpo­litik zuständig. Zudem arbeitet sie in Verwaltung­sgremien der AOK, gehört zum Vorstand im Verein »Miteinande­r«, leitet jenen des Fördervere­ins der Islamische­n Gemeinde in Magdeburg – und hat ein SPD-Parteibuch.

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Foto: dpa/Peter Endig Udo Gebhardt hört nach jahrzehnte­langer Gewerkscha­ftsarbeit auf.

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