Brandenburgs neues Gedächtnis
Das Landeshauptarchiv präsentiert sich in Potsdam- Golm als moderner Dienstleister
Nach 67 Jahren des »Herumvagabundierens« in Provisorien an diversen Standorten hat das Landeshauptarchiv im Wissenschaftspark Potsdam-Golm einen funktional überzeugenden Neubau erhalten. Brandenburgs Landeshauptarchiv ist umgezogen. 67 Jahre nach der Gründung im Juni 1949 hat es seinen endgültigen Standort im Wissenschaftspark Potsdam-Golm, in unmittelbarer Nähe des Universitätscampus und in guter Nachbarschaft namhafter Einrichtungen wie dem Fraunhofer Institut. Es sei das erste Mal, dass sämtliche Einrichtungen des Archivs an einem einzigen Standort konzentriert sind, betonte der auch für Liegenschaften zuständige Finanzminister Christian Görke (LINKE) am Donnerstag anlässlich der feierlichen Eröffnung des neuen Gebäudes. Es ist ein moderner Funktionsbau, dessen Eigentümer die HPC Germany Gmb H des Softwareunternehmers Hasso Plattner ist. Das Land ist Mieter.
Vom »Gedächtnis Brandenburgs« und einem »Speicher seiner Kultur« sprach Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD). Das Landeshauptarchiv fällt in den Geschäftsbereich ihres Hauses. Es sei das modernste und eines der attraktivsten staatlichen Archive in Deutschland. Die Ministerin selbst hatte die Suche nach einem neuen Standort für die Einrichtung, die über mittlerweile 52 300 laufende Meter Akten, darunter 9000 laufende Meter Grundakten und -bücher, 216 500 Karten und Pläne, 120 000 Fotos, 10 000 Urkunden und eine umfangreiche Bibliothek verfügt, gemeinsam mit dem früheren Finanzminister Helmuth Markov (LINKE) auf den Weg gebracht. Und der Archivalienschatz – ältestes Dokument ist eine Schenkungsurkunde des Brandenburger Markgrafen Heinrich der Bär aus dem Jahr 1160 – wächst beständig. Vor allem Ministerien, aber auch Behörden und Gerichte sorgen für Nachschub.
Zunächst war das Archiv beengt und unter unzulänglichen Bedingungen im Ostflügel des Orangeriegebäudes von Sanssouci untergebracht. Erst nach der Wende, ab 1992, war ein alternativer Standort auf dem Windmühlenberg im Ortsteil Bornim ausgebaut worden. Einen dauerhaften Ausweg aus Platznot und Provisorien hatte auch Bornim nicht bieten können. Nach der Aufgabe von Plänen für einen Neubau in Bornim entschied sich das Land schließlich für die schrittweise Nutzung eines von einem Pharmaunternehmen der HPCGruppe aufgegebenen Forschungsund Produktionsgebäudes als Depot für Archivgut. Schließlich nahmen 2011 Pläne Gestalt an, das Gebäude durch Umbau und Modernisierung zum Sitz des Landeshauptarchiv zu entwickeln. Der Umbau erfolgte zwischen 2013 und 2015 für 15 Millionen Euro binnen 20 Monaten.
Der Direktor des Landeshauptarchivs, Klaus Neitmann, sieht in der Übernahme des neuen Standortes einer Zäsur in der 67-jährigen Geschichte seiner Einrichtung. »Zum ersten Mal überhaupt ist es mit seinen Beständen so untergebracht, wie es allgemein anerkannt archivfachliche Standards und Normen für Kulturbauten verlangen«, erklärte er. In erstaunlich kurzer Zeit sei aus einem Industriebau ein ästhetisch wie funktional überzeugender Archivbau entstanden, der eine angemessene Unterbringung der Bestände gestatte.
Das Haus versteht sich als moderner Dienstleister. Archivtechnik und Arbeitsbedingungen für die 60 Mitarbeiter sind optimal. Vor Ort sind jetzt alle Bestände verfügbar, gibt es eine Restauratorenwerkstatt und eine Verfilmungsstelle. Den Nutzern – es gibt 15 000 Anfragen pro Jahr – steht neben einem großzügigen Lesesaal eine Bibliothek zur Verfügung. 1,8 Millionen Datensätze stehen zur Online-Recherche bereit.