Neu: Utopie
Am
Anfang war das Wort, die Stimme von Wladimir Iljitsch: Mit einem Lenin-Mitschnitt beginnt »Cold War«, die erste Single von Spectres, die vor fast zehn Jahren veröffentlicht wurde. Verrat an der Revolution, Dystopie: Die Anarcho-Punk-Wurzeln der kanadischen Post-Punk-Band sind von Anfang an klar. Schon lange sind Spectres aus Vancouver eine feste Größe in der Post-PunkSzene, nur The Estranged, mit denen sie regelmäßig touren, oder Frustration aus Frankreich sind derzeit gleichbedeutend.
Vor allem sind Spectres aber großartige Geschichtenerzähler. »Last Days«, das Debütalbum von 2010, ist eine musikalische Tour de Force zu den Schlachtfeldern des letzten Jahrhunderts. Ohne ausschließlich in Tristesse zu verfallen, sind die Hoffnungen und Rückschläge der Soldaten und Zivilisten, die Sinnlosigkeit der großen und kleinen Kriege vertont. Klar, dass die Bassgitarre eine herausragende Position einnimmt. Dystopie in Melodie, Post-Punk, mitgeprägt vom Cold- und DarkWave der 80er Jahre.
Das zweite Album, »Nothing to Nowhere« (2012), führt in die Irren und Wirren des Kalten Krieges, in die fiktive Realität von nuklearem Krieg, Geheimdiensten, Flucht und Folter. Und wieder: reine Dystopie.
Nun also das dritte Album, »Utopia«. Wieder wird der Schauplatz angedeutet: die Clubs und Partys der 80er und frühen 90er, die Einsamkeit der Adoleszenz, in der die Musik von Black Flag, David Bowie oder Joy Division Rückzug und Ausbruch ermöglicht und Zuflucht bietet. Spectres drittes Album ist eine Hommage an die Musik dieser Zeit, ein Dankeschön für den Unterschlupf, den sie immer geboten hat. Wie es in »Vertigo« heißt: »I heared that song before – off in the Air in 1994 – it sounded better then – when the Music was my only Friend.« Auch »Utopia« bietet Zuflucht, heute, und bestimmt auch noch in zwanzig Jahren. Großartig!