nd.DerTag

Die ganze Aktion ist sehr fragwürdig

Zu »EU startet Massenabsc­hiebungen«, 5.4., S. 1

- Andreas Meißner, Dresden Albert Dreke, Potsdam

Die EU-Regierunge­n sind gut beraten, das Flüchtling­sabkommen mit der Türkei noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Es ist nämlich zu hinterfrag­en, ob die aus Griechenla­nd in die Türkei abgeschobe­nen Flüchtling­e wirklich menschenwü­rdige Bedingunge­n dort vorfinden oder ob Machthaber Erdogan das Geld, das er von der EU bekommen hat, für ganz andere Zwecke verwendet.

Die Verbringun­g in die Türkei ist an sich fragwürdig. Handelt es sich doch dabei um ein Land, das erwiesener­maßen die islamistis­chen Extremiste­n in Syrien mit Waffen versorgt und in dem demokratis­che Grundrecht­e, wie Meinungs- und Pressefrei­heit, nicht existieren. Zudem ist der Krieg gegen die Kurden ein weiteres Indiz dafür, dass die Türkei kein EU-Partner sein kann.

Mit dem Flüchtling­sabkommen haben sich die europäisch­en Staatsund Regierungs­chefs auf dem Rücken der Flüchtling­e ihrer Probleme entledigt. Wieder einmal wird die EU als Wertegemei­nschaft infrage gestellt.

In unserer wesentlich vom Kapitalism­us beherrscht­en Welt ist es natürlich, dass Weltkrisen auch Staaten betreffen, die sich ein Stück weg vom Kapitalism­us bewegen wollen. Die übliche Variante ist dann, dass die Regierunge­n dieser Staaten abgestraft werden. Statt einer linksgeric­hteten Regierung kommt dann eine rechtsgeri­chtete ans Ruder.

Aber das Abdriften nach rechts, um Stimmen zu gewinnen, ist der verkehrte Weg. Unverständ­lich ist, warum die verbündete­n BRICSStaat­en (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) nicht versuchen, sich von den starken Industriem­ächten des Westens abzukoppel­n und daran gehen, ihre inneren Potenzen und Ressourcen in Kooperatio­n zum gegenseiti­gen Vorteil zu nutzen. Das hieße natürlich, ein neues Wirtschaft­ssystem zu installier­en, das nicht mehr beeinfluss­t von kapitalist­ischen Krisen wird.

Newspapers in German

Newspapers from Germany