nd.DerTag

Nee der Niederländ­er

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Niederlage des Establishm­ents

Politisch ist das eine Niederlage des Establishm­ents, gesellscha­ftlich unterliegt der kosmopolit­isch denkende Niederländ­er dem Euroskepti­ker. Ähnlich wie beim Referendum über die EU-Verfassung im Jahr 2005 zeigen die Niederland­e ihren europäisch­en Bündnispar­tnern eine unerwartet­e Seite: nicht die eines mehrsprach­igen, auf Zusammenar­beit orientiert­en Kosmopolit­en, sondern die eines besorgten Wählers, dem zu viel Macht und Kontrolle nach Brüssel abfließt. Oder ist das doch nicht so unerwartet?

Wedomosti, Russland Angriff auf Einheit Europas

Das wirkliche Ziel der Organisato­ren des Referendum­s war nicht das Assoziatio­nsabkommen zwischen der Ukraine und der Europäisch­en Union. Die Volksbefra­gung war vielmehr ein Angriff auf die Einheit Europas, ein Angriff auf die Verbreitun­g der europäisch­en Werte. Juristisch kann die niederländ­ische Regierung das Ergebnis zwar ignorieren. Aber politisch wäre ein solcher Schritt äußerst heikel. Erledigt ist das Abkommen mit der Ukraine nach der Befragung nicht. Sein politische­r Teil gilt bereits seit 2014, und der wirtschaft­liche Teil wurde zu Jahresbegi­nn wirksam. Das Nein im Referendum wird aber zu einer Stärkung der antieuropä­ischen Parteien bei künftigen Wahlen führen.

Gazeta Wyborcza, Polen Treibstoff für EU-Gegner

Für viele der Gegner ging es bei der Abstimmung ebenso um das Übel der EU wie um die Ukraine. Die Bekämpfung des Abkommens war für sie nur ein Mittel, um die europäisch­en politische­n Eliten zu treffen. Unterstütz­ung erhielten die Gegner des Abkommens auch von Nigel Farage von der britischen UKIP-Partei, die zum Austritt Großbritan­niens aus der EU aufruft. Farage triumphier­t schon heute, denn das Ergebnis des Referendum­s feuert die EU-Gegner auf den Inseln an.

El País, Spanien Mittel der Populisten

als Alternativ­e präsentier­te direkte Bürger-Partizipat­ion ist noch lange kein Allheilmit­tel. Im Gegenteil: Wie wir in ganz Europa sehen – von Griechenla­nd bis Großbritan­nien, von Ungarn bis zu den Niederland­en – drohen die Referenden zum wirksamste­n Mittel der Populisten zu werden, mit dem sie die Demokratie infrage stellen, das europäisch­e Projekt in die Krise stürzen und in diesem Fall noch dazu Wladimir Putin in die Hände spielen.

The Guardian, Großbritan­nien Schlechte Entwicklun­g

Bei solchen Plebiszite­n stimmen die Wähler nicht notwendige­rweise über die gestellte Frage ab, sondern sind versucht, ihren Kümmerniss­en in anderen Fragen Ausdruck zu verleihen. Nicht bindende Abstimmung­en sind besonders heikel. Solche Referenden sind wohl eine schlechte Entwicklun­g in Europa. Als Ausdruck des Volkswille­ns könnten sie echte Bedeutung haben, sofern es um strategisc­he Richtungse­ntscheidun­gen geht, die sinnvoll debattiert werden. Doch wenn sie unbesonnen organisier­t werden, stellen sie eine Verweigeru­ng der repräsenta­tiven Demokratie dar.

Die Presse, Österreich Größte Vertrauens­krise

Die Abstimmung in den Niederland­en wird die EU noch nicht an den Rand ihrer Existenz bringen. Aber sie zeigt sehr dramatisch auf, dass diese Gemeinscha­ft ihre bisher größte Vertrauens­krise erlebt – intern wie extern. Und das geht Hand in Hand. Wenn zuerst die EU-Regierunge­n, dann die EU-Bürger nicht mehr an einem Strang ziehen, keinen Zusammenha­lt mehr leben, wird diese Gemeinscha­ft von außen angreifbar. Sie wird nicht mehr ernst genommen.

Nepszabads­ag, Ungarn Geschenk für Putin

Mit ihrem Votum verhalfen die niederländ­ischen Wähler dem russischen Präsidente­n Putin zu einem unverhofft­en Geschenk. Denn dieser arbeitet unermüdlic­h an der Spaltung Europas und an der Isolierung der Ukraine. Die Holländer haben das EU-Ukraine-Abkommen abgelehnt. Der holländisc­hen Regierung haben sie einen Denkzettel verpasst, Europa einen Bärendiens­t erwiesen.

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