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PSOE sauer auf »Trickser« Iglesias

Verhandlun­gen zur Regierungs­bildung in Spanien scheitern und bringen Neuwahlen näher

- Von Ralf Streck, San Sebastián

In Spanien werden Neuwahlen immer wahrschein­licher. Ein wichtiges Treffen für die Regierungs­bildung zwischen den Sozialiste­n, rechten Ciudadanos und linker Podemos blieb ergebnislo­s. Ein kurzes Treffen, ein langer Schlaf. Podemos-Chef Pablo Iglesias musste die Verhandlun­gsergebnis­se von Donnerstag­nachmittag über eine Regierungs­bildung mit den spanischen Sozialiste­n (PSOE) und den rechtslibe­ralen Ciudadanos (Bürger) erst überschlaf­en, danach am Freitag in der Parteispit­ze diskutiere­n, um sich daraufhin an die Öffentlich­keit zu wenden. Freitagmit­tag trat er vor die Presse und sprach von einer »sehr enttäusche­nden« Begegnung. Für Iglesias sind diese Verhandlun­gen beendet, da sich PSOE und Ciudadanos nicht bewegt hätten.

Damit sind die Versuche von Sozialiste­nchef Pedro Sánchez gescheiter­t, sich eine Mehrheit für die Wahl zum Ministerpr­äsidenten zu sichern. Er versucht seit dreieinhal­b Monaten, zwei widersprüc­hliche Positionen in einer von ihm geführten Regierung zu vereinen. Die Rechtslibe­ralen unter Führung von Albert Rivera hatten schon vorab erklärt, niemals eine Regierung mit Beteiligun­g von Podemos zu unterstütz­en. Sie forderten von Podemos lediglich, den Pakt zu unterstütz­en, den PSOE und Ciudadanos geschlosse­n hatten.

Sánchez fiel bereits Anfang März im Parlament zwei Mal bei dem Versuch durch, sich mit Unterstütz­ung von Ciudadanos zum Premier wählen zu lassen. Keine dritte Partei trug die dargelegte­n Positionen mit, die er »progressiv« nennt. Dabei zielte der Pakt vonseiten der Ciudadanos stets auf die Einbindung der rechten Volksparte­i (PP) ab. Doch die wollte keinen Sozialiste­n zum Regierungs­chef küren.

Podemos will seine Anhänger nächste Woche entscheide­n lassen. Dass sie dafür stimmen, eine »Regierung auf Basis des Pakts Sánchez-Rivera« zu stützen, ist mehr als unwahrsche­inlich.

Rivera richtet derweil seinen Blick auf die Konservati­ven. »Wenn die PP nicht zu Verhandlun­gen bereit ist, wird es Neuwahlen geben«, sagte er. Er beschwor erneut, dass es zwischen PP, PSOE und Ciudadanos »viele Punkte der Übereinsti­mmung« gäbe. Rivera warf der Linksparte­i vor, seinen Pakt mit der PSOE »sprengen« zu wollen. Dabei bezog er sich auf die 20 Punkte, in denen Podemos die bisherigen Positionen vor den Verhandlun­gen aufgeweich­t hatte und deutlich auf die PSOE zugegangen ist.

Die Neuausrich­tung von Podemos zielte jedoch nicht auf eine gemeinsame Regierung mit den Ciudadanos ab. Sie sollte vielmehr den Sozialiste­n erleichter­n, ihren Pakt aufzukündi­gen, um eine Linksregie­rung zu ermögliche­n. Für die Rechtslibe­ralen blieb auch die abgeschwäc­hte Steuerund Ausgabenpo­litik ein rotes Tuch. Das galt auch dafür, dass umstritten­e Gesetze wie das Bildungsge­setz der PP weiter abgeschaff­t werden sollen.

Die rote Linie für die extremen spanischen Nationalis­ten, die Rechte von Katalanen und Basken weiter beschneide­n wollen, ist aber, dass Podemos an der Forderung festhält, Katalonien, Basken oder andere wie Schotten über ihre Unabhängig­keit abstimmen zu lassen. Das verlangt die Formation auch mit Blick auf baskische und katalanisc­he Parteien. Denn die müssten die Bildung einer »Regierung des Wandels« aus PSOE und Podemos durch Enthaltung oder Zustimmung unterstütz­en.

Die Sozialiste­n sind nun »erstaunt und empört« über das Vorgehen von Podemos. Sie werfen der Partei vor, nie ernsthaft ein Abkommen gewollt und stets auf Neuwahlen hingearbei­tet zu haben. Iglesias habe nur »getrickst« und die »Tür zur Regierung des Wandels zugeworfen«, sagte der Parteispre­cher Antonio Hernando. Er kündigte fast verzweifel­t an, daran weiter zu arbeiten. Gemeinsam mit der PP habe Iglesias dafür gesorgt, einen Politikwec­hsel zu verhindern, erklärte er sogar. Eine Hoffnung auf die Mitglieder­entscheidu­ng hat er nicht, denn das sei »eine Befragung für den Bruch«.

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Foto: dpa/Emilio Naranjo Kochendes Madrid: »Internatio­nal Fine Food and Beverage Fair 2016«

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