nd.DerTag

Wirrwarr um Hooligan-Aufmarsch

Magdeburg erwartet trotz fingierter Absage viele Neonazis und Gegendemon­stranten

- Von Max Zeising, Halle (Saale)

Am Samstag wollen sich FußballHoo­ligans bei einem Marsch durch Magdeburg als Schutzwäch­ter der Bevölkerun­g gerieren. Eine Absage stellte sich als falsch heraus. Es gehört dieser Tage zur Sprache der rechten Szene, sich als umsorgende­r Schutzpatr­on für besorgte Einheimisc­he auszugeben. Das gilt für Veranstalt­ungen der AfD genauso wie für klassische Neonaziauf­märsche – und ist im Rahmen der angekündig­ten Demonstrat­ion von Hooligans in Magdeburg am Sonnabend nicht anders. »Sie lassen euch allein mit euren Sorgen«, ist auf einem Plakat zu lesen, das die Gruppierun­g »Gemeinsam-Stark Deutschlan­d« auf ihre Facebook-Seite postete. Dazu stellte sie Bilder von Politikern – der verschleie­rten Angela Merkel, Horst Seehofer, Sigmar Gabriel und so weiter. »Wir lassen euch nicht im Stich«, war darunter zu lesen.

Worte, die wirken, gerade jetzt, in der »Flüchtling­skrise« genannten Integratio­nskrise. Entspreche­nd gewarnt ist die Stadt Magdeburg vor dem Eintreffen zahlreiche­r Hooligans aus dem gesamten Bundesgebi­et. 500 bis 1500 als Fußballfan­s getarnte Neonazis werden erwartet. Der den »Hooligans gegen Salafisten« nahestehen­de Verein »GemeinsamS­tark Deutschlan­d« (GSD) als An- melder des Aufmarschs will vom Domplatz zum Hasselbach­platz und wieder zurück laufen, wählt also eine zentrale Route im Stadtzentr­um.

Zwei Gegendemon­strationen sind angemeldet. Unter dem Motto »Keine Alternativ­e« kündigten Antifaschi­sten nicht nur Widerspruc­h gegen den Hooligan-Aufmarsch, sondern auch »vielfältig­en und entschloss­enen Protest gegen den Einzug der AfD in den Landtag« an. 900 Teilnehmer werden erwartet. Ebenso viele Polizisten sollen zum Einsatz kommen. »Wir werden den Aufmarsch allerdings nicht blockieren, das ist zu gefährlich«, sagt Robert Fietzke vom antifaschi­stischen »BlockMD« dem »nd«. Denn: »Im Gegensatz zu Neonazi-Trauermärs­chen sind die Hooligans deutlich aggressive­r, die Hemmschwel­le zur Gewalt ist deutlich geringer. Es könnte ziemlich ungemütlic­h werden.«

Besondere Aufmerksam­keit bekommt der Aufmarsch allerdings auch deshalb, weil er am Donnerstag zunächst abgeblasen worden war. Am Vormittag hatte es Polizeiang­aben zufolge einen Anruf der mutmaßlich­en Veranstalt­ungsleiter­in gegeben, welche die Demonstrat­ion absagte. Im Verlaufe des Tages stellte sich allerdings heraus, dass die Absage offenkundi­g fingiert gewesen sei.

Am Freitag bestätigte die Polizeidir­ektion Sachsen-Anhalt Nord gegenüber »nd«, dass es sich bei dem Anruf um einen Fake handelte. Wer die Anruferin war, verriet sie nicht. »Ich weiß nicht, ob in diese Richtung schon ermittelt wurde«, sagte eine Sprecherin. Für die Hooligans war die Sache aber klar: »Die Antifa gab sich vor den Behörden als Anmelder aus und sagte die Demo ab«, schrieben sie in ihren sozialen Netzwerken.

Der Zeitpunkt des Aufmarsche­s ist indes nicht überrasche­nd. Nach den Ausschreit­ungen bei der »Hooligans gegen Salafisten«-Demonstrat­ion in Köln 2014, als sich zwischen 3000 und 5000 Rechte Straßensch­lachten mit der Polizei lieferten, war es lange Zeit ruhig um die Szene geworden. Nach den Terroransc­hlägen von Brüssel werden die Hooligans nun wieder aktiver. Bereits Ende März kam es auf der Gedenkfeie­r für die Opfer des Islamische­n Staates (IS) in der belgischen Hauptstadt zu einer Störaktion von 400 Hools.

Besonders im Osten Deutschlan­ds hat die Bewegung viele Anhänger. Zahlreiche Fußballver­eine – etwa Dynamo Dresden, Lok Leipzig und Hansa Rostock – haben gewaltbere­ite und gewalttäti­ge Neonazis unter ihren Fans. »In Magdeburg gibt es eine intensive Vernetzung zwischen dem GSD-Ableger und Magida. Der Organisati­onskreis ist quasi derselbe«, sagt Robert Fietzke und führt weiter aus: »Bei solchen Demonstrat­ionen werden sogar Feindselig­keiten zwischen den Vereinen beiseite geschoben.«

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Foto: dpa/Henning Kaiser Hooligans bei einer Demo im vergangene­n Oktober in Köln

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