Warnstreiks bei Vivantes geplant
Mehrere Berufsgruppen wollen kommende Woche die Arbeit niederlegen
Gewerkschaft ver.di kündigt Warnstreiks bei Vivantes-Tochter »Service GmbH« an. Auch Pflegekräfte könnten im April die Arbeit niederlegen. Therapeuten planen Protest vor Aufsichtsratssitzung. Zwei Krankenhausmitarbeiter beziehen gemeinsam ein Bett, jeder hat zwei Zipfel desselben Lakens in der Hand. Obwohl die beiden genau die gleiche Tätigkeit verrichten, verdient der eine mehrere Hundert Euro weniger im Monat als der andere. Warum? Weil er bei der »Vivantes Service GmbH« (VSG), einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft des Krankenhauskonzerns Vivantes, angestellt ist, während sein Kollege noch direkt beim Mutterkonzern unter Vertrag steht und nur an die VSG »ausgeliehen« wurde. Für letzteren gilt der Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes (TVöD), für den anderen überhaupt kein Tarifvertrag.
Solche oder ähnliche Szenen sind bei Vivantes Alltag. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di möchte das ändern. In den seit Februar laufenden Verhandlungen mit der VSG will ver.di erreichen, dass der TVöD, der bisher für 650 Kollegen gilt, auf alle Beschäftigten angewendet wird. Bisher gilt für 250 Beschäftigte dort gar kein Tarifvertrag. Nach zwei ergebnislosen Verhandlungsrunden ruft ver.di nun ihre Mitglieder zu Warnstreiks am 12. und 13. April auf.
Es sei nicht einzusehen, weshalb die Betroffenen als »Beschäftigte zweiter Klasse behandelt werden und zum Teil mehrere hundert Euro weniger Lohn pro Monat erhalten als die Beschäftigten, für die der TVöD gilt«, erklärte ver.di-Verhandlungsführerin Heike Spies.
Betroffen von den Aktionen an beiden Tagen sind Sterilgutaufbereitung, Patientenbegleitservice, Facility Management und Bauabteilung, Wäscheversorgung und der Bereich Einkauf und Logistik. Am 13. April werden zudem die Therapeuten vor der Aufsichtsratssitzung von Vivantes protestieren. Sie fordern die Wie- dereingliederung der 2015 gegründeten, ebenfalls tariflosen Tochtergesellschaft »Therapeutische Dienste GmbH« in den Mutterkonzern.
Und auch die Pflegekräfte von Vivantes befinden sich aktuell in einer Auseinandersetzung. Für sie geht es bei der Tarifrunde des Öffentlichen Dienstes um Lohnerhöhungen von sechs Prozent. Verhandlungsführerin Heike Spies erklärte auf Nachfrage von »nd«, dass ebenfalls noch im April mit Warnstreiks der Pflegekräfte – im Rahmen der Tarifrunde des Öffentlichen Dienstes – zu rechnen sei.
Vivantes ist mit 14 500 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber der Stadt, ein Drittel aller Berliner Krankenhauspatienten wird hier versorgt. Der alleinige Anteilseigner des Unternehmens ist das Land Berlin. Seit der Gründung von Vivantes im Jahr 2001 wurden beständig Bereiche aus dem Mutterkonzern ausgegliedert, inzwischen existieren 13 Tochtergesellschaften. Die bei ver.di organisierten Beschäftigten sehen in dem Outsourcing-Konzept von Vivantes vor allem ein Instrument zur Tarifflucht. Damit leistet sich Vivantes einen wachsenden Niedriglohnsektor. Eine Ursache dafür ist die chronische Unterfinanzierung des Unternehmens. So werden nötige Investitionen unter anderem aus eingesparten Personalkosten getätigt.
Nun sind zeitgleich an mehreren Fronten Konflikte offen ausgebrochen, die ver.di in der Kampagne »Zusammenstehen« zusammenfasst. Im Grunde geht es um ein einfaches Ziel: Der Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes soll für alle gelten. Es soll keine tariflosen Bereiche und ebenfalls keine Ungleichbehandlung bei gleicher Arbeit mehr geben. Außerdem fordert ver.di für Vivantes – wie auch schon an der Charité – mehr Personal.
Vivantes hält den Warnstreik für unnötig. Das Unternehmen habe seinerseits bereits ein Angebot für einen Tarifvertrag für die »Vivantes Service GmbH« vorgelegt. Die Forderung, für alle Mitarbeiter den TvöD geltend zu machen, »erschwert konstruktive Verhandlungen«, hieß es seitens Vivantes. Auch als kommunales Unternehmen sei man auf »wettbewerbsfähige Tarifstrukturen« angewiesen.