nd.DerTag

Phlegmo macht es noch mal

- Nicolas Šustr über einen Chef, der es sich gerne gemütlich macht.

Frank Henkel will also nicht Zweiter werden, sondern die im September anstehende Wahl zum Abgeordnet­enhaus für seine CDU gewinnen. Diesen Eindruck hat der amtierende Innensenat­or in seinen Regierungs­jahren eher selten vermittelt. Auf einer Senatspres­sekonferen­z im Januar ließ er seinen Kollegen Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) gerne den Vortritt bei der Beantwortu­ng aller Journalist­enfragen. Es ging um die Verwaltung, Henkels Ressort. Kollatz-Ahnen hatte Zahlen parat, konnte Details nennen. Unternomme­n hat Henkel auch wenig Sichtbares, um die krankende Verwaltung ins 21. Jahrhunder­t zu befördern. Im Parlament war er vor allem als Reisesenat­or bekannt, er nutzte praktisch jede sich bietende Gelegenhei­t, um dem öden Alltag mit einer Dienstreis­e zu entgehen. Dementspre­chend oft standen seine Stellvertr­eter Rede und Antwort. Menschlich nachvollzi­ehbar, wirklichen Gestaltung­swillen ließ das allerdings nicht erkennen. Als Henkels Phlegma allzu offensicht­lich wurde, griff er in die Mottenkist­e jedes Innensenat­oren: Er warf ein paar Hundertsch­aften über der Rigaer oder Revaler Straße ab, oder auch am Kottbusser Tor oder Görlitzer Park, teils rechtsstaa­tlich – vorsichtig formuliert – zweifelhaf­t. Mehr oder minder nutzlos alles zusammen. Das nennt sich dann Aktionismu­s. Und politisch haben ihm die Aktionen offensicht­lich auch nichts gebracht. »Wenigstens kein offener Streit wie früher«, scheint man bei der CDU zu denken. Und betet. Die Hoffnung bleibt Christen ja immer.

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