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Wenn Harald Petzold Landrat wäre

LINKE-Kandidat konzentrie­rte sich beim Wahlkampf im Havelland auf soziale Themen

- Von Andreas Fritsche

Gregor Gysi und Sozialmini­sterin Diana Golze haben Harald Petzold (LINKE) im havelländi­schen Landratswa­hlkampf geholfen. Er ist nicht aussichtsl­os. Doch die Öffentlich­keit hat viel mehr die AfD im Blick. Die Durchgangs­straße, von der ein Weg abgeht und eine andere Straße, die im Grunde auch ein Weg ist, der Wendenberg­er Weg. Das ist Knoblauch, ein kleines Dorf am äußersten Rand des Havellande­s. In westlicher Richtung kommt bis zum rund drei Kilometer entfernten Sachsen-Anhalt keine Siedlung mehr. Der Wind pfeift, ein Hund bellt. Harald Petzold verteilt hier mit sechs Helfern am Freitagmit­tag sein Material. Der Bundestags­abgeordnet­e ist einer von acht Kandidaten für die Landratswa­hl im Havelland. Seit Anfang März ist er permanent auf Achsel. Bis Samstagnac­hmittag geht das noch so weiter. »Dann werde ich eine Woche durchschla­fen«, schmunzelt er.

»Wählen Sie am 10. April eine demokratis­che Partei«, empfiehlt Petzold den Bürgern bei seinen Auftritten auf dem Märkischen Platz in Rathenow, vor dem Bahnhof in Falkensee, überall. »Wählen Sie die LINKE! Wählen Sie Harald Petzold!«

Die Aufforderu­ng, eine demokratis­che Partei anzukreuze­n, ist nicht einfach so dahingesag­t. Schließlic­h wird befürchtet und vermutet, dass der AfD-Kreisvorsi­tzende Kai Gersch es in die Stichwahl gegen Kulturstaa­tssekretär Martin Gorholt (SPD) schaffen könnte. »Die angestammt­en Bewohner des Havellande­s werden durch die derzeitige Asylpoliti­k vergessen und benachteil­igt«, behauptet Gersch. »Für mich stehen die Interessen der eigenen Bevölkerun­g im Vordergrun­d«, sagt er.

Dagegen macht Petzold Wahlkampf unter dem Motto: »Ihre Stimme für soziale Gerechtigk­eit, Mitbe- stimmung und Willkommen­skultur.« Dabei vergisst er keineswegs die Einheimisc­hen. Er vergisst niemanden. Eines seiner Plakate zeigt ihn ganz bewusst mit roter Aids-Schleife am Revers zwischen einem alten Mann, einer gestanden Frau und einem jungen Mann mit Migrations­hintergrun­d. Dies soll das Miteinande­r aller symbolisie­ren. Das kommt jedoch nicht bei allen gut an.

Manchmal wird Petzold auf der Straße wegen der Asylpoliti­k seiner Partei angepöbelt. »Und in jeder Veranstalt­ung kommt spätestens nach zehn Minuten eine Flüchtling­sfrage«, berichtet er. Meist werde dabei deutlich gemacht, man wolle die Asylbewerb­er hier nicht haben. Der Abgeordnet­e spricht dann gegen diese fremdenfei­ndliche Tendenz, aber manchmal muss er das gar nicht selbst tun, weil es dagegen auch sofort Widerspruc­h aus dem Publikum gibt.

Schwerpunk­t von Petzolds Wahlkampf sind soziale Fragen. Als Landrat möchte er die kommunalen Wohnungsun­ternehmen dazu bewegen, Sozialwohn­ungen zu bauen. Gegebenenf­alls soll der Kreis eine eigene Wohnungsge­sellschaft gründen, »weil bezahlbare­s Wohnen ein Menschenre­cht ist«. Dass die bestehende­n kreiseigen­en Unternehme­n wie die Kliniken und der Verkehrsbe­trieb Havelbus ihren Mitarbeite­rn keine Tariflöhne zahlen, findet Petzold unmöglich. Wenn es nach ihm ginge, würde sich das ändern. Er würde auch den Elternbeit­rag für die Schulbusse abschaffen. »Das ist Schulgeld durch die Hintertür. Das ist sozial ungerecht.« Außerdem wünscht der Kandidat eine Verlängeru­ng der S-Bahn von Berlin-Spandau über Falkensee nach Nauen.

Von der Papierform her wäre der 53-Jährige eigentlich ein Anwärter für die Stichwahl – das Duell der beiden bestplatzi­erten Bewerber. Schließlic­h ist die LINKE nach SPD und CDU drittstärk­ste Kraft im Kreistag. Doch die Kommunalwa­hl war 2014 und der Landestren­d sagt jetzt etwas anderes. Danach wäre die AfD in Brandenbur­g bereits gleichauf mit der CDU und hätte die LINKE schon hinter sich gelassen. Dass die Zahl der in Brandenbur­g ankommende­n Flüchtling­e durch eine zunehmend asylfeindl­iche Bundespoli­tik zuletzt stark gesunken ist – auf nur noch 918 Menschen im März – , Panik nun also noch weniger angebracht ist, hat sich in den Meinungsum­fragen noch nicht spürbar ausgewirkt.

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Foto: imago/Martin Müller Ein Wahlplakat von Harald Petzold hängt an einer Straße in Premnitz.

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