Wenn Harald Petzold Landrat wäre
LINKE-Kandidat konzentrierte sich beim Wahlkampf im Havelland auf soziale Themen
Gregor Gysi und Sozialministerin Diana Golze haben Harald Petzold (LINKE) im havelländischen Landratswahlkampf geholfen. Er ist nicht aussichtslos. Doch die Öffentlichkeit hat viel mehr die AfD im Blick. Die Durchgangsstraße, von der ein Weg abgeht und eine andere Straße, die im Grunde auch ein Weg ist, der Wendenberger Weg. Das ist Knoblauch, ein kleines Dorf am äußersten Rand des Havellandes. In westlicher Richtung kommt bis zum rund drei Kilometer entfernten Sachsen-Anhalt keine Siedlung mehr. Der Wind pfeift, ein Hund bellt. Harald Petzold verteilt hier mit sechs Helfern am Freitagmittag sein Material. Der Bundestagsabgeordnete ist einer von acht Kandidaten für die Landratswahl im Havelland. Seit Anfang März ist er permanent auf Achsel. Bis Samstagnachmittag geht das noch so weiter. »Dann werde ich eine Woche durchschlafen«, schmunzelt er.
»Wählen Sie am 10. April eine demokratische Partei«, empfiehlt Petzold den Bürgern bei seinen Auftritten auf dem Märkischen Platz in Rathenow, vor dem Bahnhof in Falkensee, überall. »Wählen Sie die LINKE! Wählen Sie Harald Petzold!«
Die Aufforderung, eine demokratische Partei anzukreuzen, ist nicht einfach so dahingesagt. Schließlich wird befürchtet und vermutet, dass der AfD-Kreisvorsitzende Kai Gersch es in die Stichwahl gegen Kulturstaatssekretär Martin Gorholt (SPD) schaffen könnte. »Die angestammten Bewohner des Havellandes werden durch die derzeitige Asylpolitik vergessen und benachteiligt«, behauptet Gersch. »Für mich stehen die Interessen der eigenen Bevölkerung im Vordergrund«, sagt er.
Dagegen macht Petzold Wahlkampf unter dem Motto: »Ihre Stimme für soziale Gerechtigkeit, Mitbe- stimmung und Willkommenskultur.« Dabei vergisst er keineswegs die Einheimischen. Er vergisst niemanden. Eines seiner Plakate zeigt ihn ganz bewusst mit roter Aids-Schleife am Revers zwischen einem alten Mann, einer gestanden Frau und einem jungen Mann mit Migrationshintergrund. Dies soll das Miteinander aller symbolisieren. Das kommt jedoch nicht bei allen gut an.
Manchmal wird Petzold auf der Straße wegen der Asylpolitik seiner Partei angepöbelt. »Und in jeder Veranstaltung kommt spätestens nach zehn Minuten eine Flüchtlingsfrage«, berichtet er. Meist werde dabei deutlich gemacht, man wolle die Asylbewerber hier nicht haben. Der Abgeordnete spricht dann gegen diese fremdenfeindliche Tendenz, aber manchmal muss er das gar nicht selbst tun, weil es dagegen auch sofort Widerspruch aus dem Publikum gibt.
Schwerpunkt von Petzolds Wahlkampf sind soziale Fragen. Als Landrat möchte er die kommunalen Wohnungsunternehmen dazu bewegen, Sozialwohnungen zu bauen. Gegebenenfalls soll der Kreis eine eigene Wohnungsgesellschaft gründen, »weil bezahlbares Wohnen ein Menschenrecht ist«. Dass die bestehenden kreiseigenen Unternehmen wie die Kliniken und der Verkehrsbetrieb Havelbus ihren Mitarbeitern keine Tariflöhne zahlen, findet Petzold unmöglich. Wenn es nach ihm ginge, würde sich das ändern. Er würde auch den Elternbeitrag für die Schulbusse abschaffen. »Das ist Schulgeld durch die Hintertür. Das ist sozial ungerecht.« Außerdem wünscht der Kandidat eine Verlängerung der S-Bahn von Berlin-Spandau über Falkensee nach Nauen.
Von der Papierform her wäre der 53-Jährige eigentlich ein Anwärter für die Stichwahl – das Duell der beiden bestplatzierten Bewerber. Schließlich ist die LINKE nach SPD und CDU drittstärkste Kraft im Kreistag. Doch die Kommunalwahl war 2014 und der Landestrend sagt jetzt etwas anderes. Danach wäre die AfD in Brandenburg bereits gleichauf mit der CDU und hätte die LINKE schon hinter sich gelassen. Dass die Zahl der in Brandenburg ankommenden Flüchtlinge durch eine zunehmend asylfeindliche Bundespolitik zuletzt stark gesunken ist – auf nur noch 918 Menschen im März – , Panik nun also noch weniger angebracht ist, hat sich in den Meinungsumfragen noch nicht spürbar ausgewirkt.