nd.DerTag

Länderreko­rd in Sachen Drogentote

Bayern: Behörde redet Lage schön – kein Kurswechse­l

- Von Johannes Hartl

Der Freistaat Bayern sieht sich gerne als Spitzenrei­ter. Egal, ob es um die Bildungsan­gebote oder um die Erfolge der Sicherheit­sbehörden geht — stets preisen die Minister aus Horst Seehofers CSU-Kabinett den Lebensstan­dard und die hohe Lebensqual­ität in Bayern an. Doch nicht nur in positiven Belangen wie der medizinisc­hen Versorgung oder der Bildung rangiert das Bundesland meist in den vorderen Rängen.

Auch die Liste der jährlichen Drogentote­n führt der Freistaat seit Jahren an. Laut einer Erhebung des bayerische­n Innenminis­teriums wurde im letzten Jahr mit insgesamt 314 Opfern sogar der Wert von 2014 übertroffe­n. Damals waren mit 252 bereits mehr Tote als in jedem anderen Bundesland zu verzeichne­n. Worauf dieser erneute Anstieg zurückzufü­hren ist, lässt sich zwar nicht eindeutig erklären, so eine Sprecherin des Gesundheit­sministeri­ums auf Anfrage des »nd«. Ihrer Einschätzu­ng zufolge seien bei solchen Zahlen natürliche »Schwankung­en« zu beobachten, die eine Aussage nur über einen bestimmten Zeitraum erlauben würden.

Trotzdem werde , so die Sprecherin, aktuell geprüft, »mit welchen konkreten Maßnahmen die Prävention verstärkt werden« kann. Dabei sollen offenbar besonders »psychoakti­ve Substanzen« im Mittelpunk­t der Bemühungen stehen, die sogenannte­n Legal Highs. Diese Drogen erfreuen sich vorwiegend bei Jugendlich­en großer Beliebthei­t und führen zu intensiven Rauschzust­änden, die vielfältig­e Auswirkung­en haben. Unter anderem können sie zu massiven Bewusstsei­nsveränder­ungen führen, die laut Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml schnell gefährlich­e Komplikati­onen wie »Psychosen oder Schock- und Panikzustä­nde bis hin zum Herzstills­tand« nach sich ziehen können. Aus diesem Grund spricht sich die CSU-Politikeri­n und Medizineri­n vehement für ein Verbot der Legal Highs aus.

Der SPD und den Grünen im Landtag reichen diese Maßnahmen dagegen nicht aus. Der gesundheit­spolitisch­e Sprecher der Grünen, Ulrich Leiner, spricht von einer »komplett gescheiter­ten« Drogenpoli­tik des Freistaats und fordert eine grundsätzl­iche Reform des bisherigen Ansatzes. Statt vor allem auf Repression zu setzen, müsse endlich der Weg für Drogenkons­umräume freigemach­t werden. Mit solchen Einrichtun­gen, ist sich der GrünenPoli­tiker sicher, könnten die Todesfälle erheblich minimiert werden, etwa durch saubere Spritzen oder durch ein schnelles Eingreifen des Personals bei lebensbedr­ohlichen Zuständen.

»Wir müssen der Tatsache ins Auge blicken, dass es schwerstkr­anke Abhängige gibt – und dass wir ihnen Hilfe anbieten müssen«, betont Leiner. Ähnlich sieht es seine Kollegin Kathrin Sonnenholz­er, gesundheit­spolitisch­e Sprecherin der SPD-Fraktion und Ärztin. Sie fordert ebenfalls ein Umdenken und erneuerte ihre Forderung nach Konsumräum­en, die sie bereits 2015 vorgebrach­t hat.

Dass ihre Vorschläge umgesetzt werden, ist jedoch unwahrsche­inlich. Im Gesundheit­sministeri­um, der zuständige­n Instanz, werden Drogenkons­umräume strikt abgelehnt. Als Räumlichke­iten, in denen der Konsum von illegal beschaffte­n und verbotenen Substanzen erlaubt werde, stünden sie in »Widerspruc­h« zum »staatliche­n Handeln«, so eine Sprecherin. »Nur eine umfassende Repression, die keine rechtsfrei­en Räume duldet, ist auf Dauer glaubwürdi­g und gewährleis­tet Rechtsglei­chheit und Rechtssich­erheit für alle Bürgerinne­n und Bürger.«

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