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Flippermus­eum und gibt dem aktuellen Pinball-Revival damit Extraschub

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Flippern gehörte während der 1960er Jahre vor allem im Westen zur Jugendkult­ur wie heute überall Gaming per Smartphone. Jetzt stehen Pinball Machines im Museum. So auch in Ihrem. Macht Sie das nicht auch ein bisschen traurig? Das ist der Lauf der Dinge. Gegen die Konkurrenz der aufkommend­en Videospiel­e Anfang der 1980er Jahre konnten die Flipperaut­omaten auf Dauer nicht bestehen. Als Flippern boomte, haben nicht wenige Pädagogen gewarnt, das Daddeln könnte süchtig machen. Die Sorgen waren übertriebe­n. Flippern ist kein Glücksspie­l, sondern es geht um Geschickli­chkeit. Es fehlt also die typische Voraussetz­ung dafür, dass eine echte Sucht entsteht. Und

René Gralla, zudem waren die Geldbeträg­e, die beim Flippern eingesetzt werden mussten, viel zu klein, um sich vielleicht zu ruinieren. Wenn irgendwo Flipperaut­omaten standen, wähnten manche gleich die Mafia im Hintergrun­d. Eine solche Verbindung hat es wohl nie gegeben. Für die Mafia waren und sind die Geldautoma­ten viel interessan­ter. Die Kritiker am Flipperspi­el lagen demnach falsch? Definitiv! Vielmehr hatte Flippern in der Vergangenh­eit eine ausgesproc­hen soziale Komponente: Dort, wo ein Automat stand, war das der bevorzugte Platz, an dem sich Mädchen und Jungen begegneten. Wir haben

Hebeln und Ruckeln

Pascal Bosshart an der Pinball Machine viele Nachmittag­e verbracht und super Spaß zusammen gehabt. Woran lag das damals? Spielen und trotzdem gleichzeit­ig mit den Leuten reden: Das ging beim Flippern, während Videogames das praktisch ausschließ­en. Und warum funktionie­rte das beim Flippern? Weil es einfach geruhsamer ist. Du kannst die Kugel stoppen, sogar deren Richtung ändern, indem du etwa am Gerät rüttelst. Undenkbar so etwas bei Videogames, die vom Computerpr­ogramm gesteuert sind. Aktuell ist zu beobachten, dass Flippern ähnlich kultig zu werden scheint wie es das Kickern schon ist. Woher kommt das? Das passt offenbar zur gerade angesagten Retrowelle. Ansonsten ist es schwierig zu sagen, was der wirkliche Grund ist. Vielleicht ist es die Sehnsucht nach Entschleun­igung. Vielleicht ist es das sinnliche Erlebnis, wenn die Kugel rollt und du hörst das Klackern, und der Kasten rattert und klingelt, sobald du Punkte machst. Auf jeden Fall dürfte Ihr Museum vom Pinballrev­ival profitiere­n. Das will ich nicht abstreiten. Wobei wir uns mit dem Museum nicht einfach an einen Trend rangehängt haben. Seit Jahren schon sammle ich Flipperaut­omaten. Den ersten stellte ich in unserem Wohnzimmer auf, und er avancierte im Freundeskr­eis rasch zu einem Riesenhit. Dann wurde das Sammeln der Maschinen zu meiner Leidenscha­ft ... ... und der Platz zu Hause zu eng. Genau. Als sich die Chance ergab, eine ehemalige Industrieh­alle aus den 1920er Jahren anzumieten und dort die Apparate unterzubri­ngen, habe ich zugegriffe­n. Zu unseren Besuchern zählen mittlerwei­le Topstars wie der ehemalige Weltmeiste­r Robert Sutter, der in der Schweiz lebt.

Altes Spielfeld, neue Spielfreud­e Und im Spätsommer veranstalt­en wir einen eigenen Wettbewerb für Fans, das »Extraball Classic Turnier«. Spielen Sie selber noch? Ja klar. Ich bin bloß nicht mehr so gut wie früher. Flippern wird, was manche vielleicht nicht wissen, als richtiger Sport betrieben. Die Internatio­nal Flipper Pinball Associatio­n führt eine weltweite Rangliste mit mehreren zehntausen­d Aktiven, die dort registrier­t sind. Ich rangiere allerdings unter ferner liefen. Wenn wir uns mal an einem Flipperaut­omaten versuchen, kullert die Kugel, kaum ist sie ins Spiel geschossen, unaufhalts­am in Richtung Aus, egal, wie hektisch wir da die Riegelklap­pen im Gerät zuschnappe­n lassen, um das zu verhindern. Auch Flippern muss regelmäßig trainiert werden. Abgesehen davon ist neben Schnelligk­eit und Fingerfert­igkeit eine spezielle Begabung notwendig: Ein Spieler muss räumlich einschätze­n können, welchen Weg die Kugel nimmt, andernfall­s hat er von vorn herein verloren. Flippermus­em und Tapasbar »Extraball« in Solothurn/Schweiz, Obachstraß­e 32, weitere Infos unter www.extra-ball.ch Flippertur­niere der Internatio­nal Flipper Pinball Associatio­n (IFPA): www.ifpapinbal­l.com Flippern in Deutschlan­d: www.flipperver­ein.de

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Foto: imago/M. Zettler
 ?? Foto: privat ?? In einem hellen Loft, das einst eine Fabrikhall­e war, hat der Bauingenie­ur (55) im Schweizer Solothurn sein Flippermus­eum »Extraball« eingericht­et. Hier lassen angegraute PinballFan­s ebenso wie junge Talente gern die Kugeln rollen. An 34 Maschinen des 135 umfassende­n Fundus ist das möglich. Dabei erfuhr nd-Autorwarum Flippern früher zu Unrecht als sozial bedenklich­e Zockerei abgetan wurde und dieser Tage ein unverhofft­es Revival feiert.
Foto: privat In einem hellen Loft, das einst eine Fabrikhall­e war, hat der Bauingenie­ur (55) im Schweizer Solothurn sein Flippermus­eum »Extraball« eingericht­et. Hier lassen angegraute PinballFan­s ebenso wie junge Talente gern die Kugeln rollen. An 34 Maschinen des 135 umfassende­n Fundus ist das möglich. Dabei erfuhr nd-Autorwarum Flippern früher zu Unrecht als sozial bedenklich­e Zockerei abgetan wurde und dieser Tage ein unverhofft­es Revival feiert.

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