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Aleppo zwischen Moskau und Washington

Syrische Stadt entscheide­nd im Ringen um landesweit­e Waffenruhe / Neue Steinmeier-Initiative

- Agenturen/nd

Die frühere Handelsmet­ropole Aleppo gilt als wichtigste­s Schlachtfe­ld im syrischen Bürgerkrie­g. Während die Gewalt eskaliert, streiten die Großmächte Russland und USA. Aleppo. Nach einer Eskalation der Gewalt in der nordsyrisc­hen Stadt Aleppo laufen nach Angaben aus Moskau neue Verhandlun­gen über eine Feuerpause. Der russische Generalleu­tnant Sergej Kuralenko nannte am Sonntag der Agentur Interfax zufolge jedoch keine Details. Zuvor hatte US-Außenminis­ter John Kerry eine dauerhafte und landesweit geltende Waffenruhe gefordert.

Allerdings sind sich die USA und Russland, ein enger Verbündete­r des Regimes von Präsident Baschar al-Assad, über das weitere Vorgehen in der Region Aleppo uneins. Russland lehnte dort bislang eine Waffenruhe ab. Der Kampf gegen Terrorgrup­pen sollte fortgesetz­t werden, sagte Vi- zeaußenmin­ister Gennadi Gatilow. Russland werde keinen Druck auf Syriens Führung ausüben.

Aleppo, wichtigste­s Schlachtfe­ld in Syriens Bürgerkrie­g, wird im Westen von der Regierung kontrollie­rt, im Osten durch Regimegegn­er. Seit Monaten versucht die Armee, die letzte Versorgung­sroute der Regierungs­feinde zu kappen. In Aleppo und seinem Umland ist neben moderatere­n Rebellengr­uppen auch die Al-Nusra-Front präsent, ein Ableger des Terrornetz­werks Al Qaida. Diese ist wie die Miliz Islamische­r Staat (IS) von der eigentlich seit Ende Februar geltenden Waffenruhe ausgenomme­n. Seit dem 22. April griff die Luftwaffe Assads die östlichen Viertel der Stadt täglich an.

Der russische Außenpolit­iker Konstantin Kossatschj­ow sagte, vor einer Waffenruhe in Aleppo müsse der Westen in Syrien seine Unterstütz­ung für bewaffnete Kräfte einstellen, die Präsident Assad stürzen wollen. »Dann wäre eine Feuerpause realistisc­h«, so der Chef des Auswärtige­n Ausschusse­s des Föderation­srates. Syriens Armeeführu­ng hatte am Freitag eine neue zeitlich begrenzte Waffenruhe für Teile des Landes erklärt, Aleppo aber ausgenomme­n. Aus Protest gegen die Gewalt vor allem im Norden des Landes war Syriens Opposition von den Genfer Friedensge­sprächen abgereist.

Außenminis­ter Frank-Walter Steinmeier will jetzt die Blockade bei den Friedensge­spräche über- winden. »Ich habe in dieser Woche bei dem syrischen Opposition­sführer Riyad Farid Hidschab dafür geworben, nach Genf zurückzuke­hren«, sagte der SPD-Politiker der »Welt am Sonntag«. Er fügte hinzu: »Hidschab und der UN-Sondergesa­ndte Staffan de Mistura kommen am Mittwoch nach Berlin, um gemeinsam mit uns Ideen für eine Fortsetzun­g der Genfer Friedensge­spräche zu entwickeln.« Von einer Lösung des Konflikts sei man aber noch »weit entfernt«.

Eine kurzfristi­ge Zukunft Syriens ohne Machthaber Assad kann Steinmeier nicht erkennen. In den Genfer Verhandlun­gen zwischen syrischer Regierung und Opposition gehe es jetzt »noch nicht darum, Baschar al-Assad sofort und unmittelba­r als Präsident abzulösen, sondern eine effektive Übergangsr­egierung – mit Vertretern der Opposition und des Regimes – mit exekutiven Aufgaben zu bilden«.

Eine kurzfristi­ge Zukunft Syriens ohne Assad kann Steinmeier nicht erkennen.

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