Aktivisten planen ein Camp im brandenburgischen Dorf Proschim.
Vom 9. Mai an gibt es eine Woche lang ein Klimacamp im bedrohten Proschim
Das Klimacamp in der Lausitz wartet mit einem reizvollen Programm und einer kollektiven Gesetzesübertretung auf. Das Programm sei »überraschenderweise bereits gefüllt«, war schon vor einiger Zeit im Internetauftritt des Lausitzcamps zu lesen – nun sind die vielen Veranstaltungen in der Woche vor Pfingsten veröffentlicht. Von Montag, dem 9. Mai, an wird es im Dorf Proschim, das als Ortsteil zur Stadt Welzow im Landkreis SpreeNeiße gehört, eine Woche lang Informationen, Diskussionen, Ausflüge, Spaßveranstaltungen und Aktionstrainings geben. Proschim soll dem geplanten Braunkohletagebau Welzow-Süd II geopfert werden, so wie später die Dörfer Atterwasch, Kerkwitz und Grabko für den Tagebau Jänschwalde-Nord verschwinden sollen. Umweltschützer und Einwohner wehren sich dagegen.
Die Aktionstrainings dienen der Vorbereitung auf etwas, das es in der sechsjährigen Geschichte des Lausitzer Klimacamps noch nicht gegeben hat: Pfingsten soll hier die Aktion »Ende Gelände« wiederholt werden. Unter dieser Überschrift waren im August 2015 über 1000 Menschen in den Tagebau Garzweiler im Rheinland eingedrungen, um ein Ende der Kohleverstromung zu fordern. Nun soll die Braunkohleinfrastruktur des Energiekonzerns Vattenfall in der Lausitz blockiert werden. Auch in seiner ersten Version ging »Ende Gelände« von einem Klimacamp aus.
In der Lausitz sind die Organisationsstrukturen aber getrennt. Den kollektiven Haus- oder Landfriedensbruch, wie die Aktion bei Erfolg wohl im Juristendeutsch genannt werden wird, bereiten Gruppen aus mehreren Teilen Deutschlands vor. Das letzte große Vorbereitungstreffen fand kürzlich in Hannover statt. Das Klimacamp wird dagegen von Einzelpersonen aus Brandenburg, Berlin, Sachsen und ihm selbst organisiert, sagt der in Halle lebende Marvin Kracheel. »Wir solidarisieren uns mit allen friedlichen Protesten«, erklärt er die Position der Camp-Gruppe zur angekündigten Gesetzesübertretung.
Für die Tage vor Pfingsten erwartet Kracheel um die 200 Menschen. »Ende Gelände« hat aber bereits 20 Busse aus mehreren Teilen Deutschlands und dem Ausland angekündigt. Zum Wochenende rechnet auch Kracheel deshalb mit einer vierstelligen Zahl an Campern. Das soll aber kein Problem sein. »Wir haben so viel Platz, wie wir wollen«, hält der Aktivist fest.
In der Lausitz gibt es seit Jahren Initiativen, die sich gegen die Erweiterung der Kohletagebaue wehren. Doch keine von ihnen ist unter den rund 50 Gruppen, die den Aufruf zu »Ende Gelände« unterzeichnet haben. »Wir wenden ausschließlich legale Mittel an«, begründet Friederike Böttcher das für das sächsische Bündnis »Strukturwandel jetzt – kein Nochten 2« mit Blick auf den schriftlich festgehaltenen Bündniskonsens, der allerdings nur »Gewalt gegen Menschen« ausschließt. Böttcher fügt aber hinzu: »Wir akzeptieren, dass es verschiedene Aktionsformen gibt.« In der soeben erschienenen neuen Ausgabe des Rundbriefs »Nochten heute«, den die Initiative herausgibt, habe »Ende Gelände« einen Text veröffentlichen dürfen.
In der Brandenburger Initiative »Klinger Runde« ist die Lage gleich. »Aktionen außerhalb des Rechtsrahmens sind für uns nicht möglich«, sagt Sprecher Thomas Burchardt mit Verweis auf die beiden Kreistagsmandate der Initiative und seine eigene Funktion als Stadtverordneter in Forst. Aber auch Burchardt erklärt sich solidarisch mit der Störaktion. Das Camp werde er an dem Tag besuchen, an dem Greenpeace sein Konzept für den Strukturwandel in der Region vorstellt, kündigt Burchardt an.
Reizvolle Veranstaltungen gibt es in Proschim in der Woche vor Pfingsten täglich. Vorträge nicht nur zu den Gefahren der Förderung fossiler Rohstoffe und zu Fallbeispielen von mehreren Kontinenten, sondern auch zum umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP, zu Klimaflüchtlingen und mehrmals zu Wachstumskritik versprechen umfassende Informationen.
Andere Schwerpunkte sind Aktionstipps und die Lage in der Lausitz. Auch Exkursionen wird es geben: um den nahen Tagebau Welzow-Süd herum, an die Spree (Thema hier die Verockerung, also Braunfärbung des Flusses als Spätfolge des Braunkohletagebaus) und zum ehemaligen Urwald Weißwasser, der dem Tagebau Nochten in Sachsen weichen musste. Tägliche Kurse zu Solartechnik und Entspannungspraktiken runden das Programm des Klimacamps ab. Samstag, den 14. Mai, um 13 Uhr findet die zentrale Demonstration in Welzow statt – möglicherweise parallel zu einer Blockadeaktion.
Infos zu Ende Gelände gibt es am Montag (2. Mai), 19.30 Uhr in Potsdam, Buchladen »Sputnik«, Charlottenstraße 28, www.lausitzcamp.info