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»Massiver Gewaltausb­ruch« – Neonazis marschiert­en in Plauen

Polizei löste die Demonstrat­ion der Antifaschi­sten ebenso wie die der Rechtsextr­emisten auf

- Von Max Zeising, Plauen

Abermals haben Neonazis aus ganz Deutschlan­d die vogtländis­che Stadt Plauen zum Ziel auserkoren. Bereits vor zwei Jahren waren Hunderte Rechte durch die Stadt marschiert. Den politische­n Gegner dadurch marginalis­ieren, indem man seine Rhetorik und Symbolik einfach aufnimmt und ein bisschen umformt – diese Methode versuchte der »III. Weg« am Sonntag in Plauen. Zum 1. Mai, dem traditione­llen ArbeiterIn­nenkampfta­g, versammelt­en sich mehrere Hundert Neonazis und Anhänger der rechtsextr­emen Partei in der sächsische­n Stadt, um für die Rechte von – wohlgemerk­t deutschen – Arbeitern zu demonstrie­ren. »Arbeiter heraus – gegen System und Kapital«, stand auf den – wohlgemerk­t roten – Shirts der Rechten. Und: »Kapitalism­us bedeutet Krieg.« Als die Rechtsextr­emen dann durch die Straßen marschiert­en und von staunenden Einwohnern aus ihren Plattenbau­fenstern beobachtet wurden, riefen sie: »Hoch die nationale Solidaritä­t.«

Nahezu ungestört bewegte sich der Demonstrat­ionszug zunächst. Nur an wenigen Ecken gab es Protest in Hörund Sichtweite der Neonazis. Die Polizei schirmte jegliche Gegenveran­staltungen – wovon es genügend gab – erfolgreic­h ab. Immerhin: Direkt am Bahnhof, wo die Rechten ihren Marsch starteten, organisier­te die Linksparte­i-Landtagsab­geordnete Juliane Nagel eine Spontandem­onstration, der allerdings nur wenige folgten.

Insbesonde­re die über tausend Antifaschi­sten, die aus verschiede­nen Gegenden nach Plauen gereist waren, hatten eher mit der Polizei als mit den Rechten zu kämpfen. Nachdem sie einige Zeit durch die Innenstadt gelaufen waren, wurden sie von den Beamten eingekesse­lt. Zuvor hatten sie unter dem Motto »Time To Act: Neonaziauf­marsch verhindern!« nicht nur gegen die Nazis, sondern auch gegen die »Plauener Verhältnis­se« protestier­t: Seit September demonstrie­rt dort ein Teil der Bevölkerun­g immer wieder unter der Parole »Wir sind Deutschlan­d«, angeführt vom FDPBürgerm­eister, der den rechten Rand der Republik hofiert: Verschwöru­ngstheoret­iker wie Jürgen Elsässer und KenFM, sogar offen agierende Neonazis durften von der öffentlich­en Bühne herunterhe­tzen, ist auf der Demo-Facebookse­ite zu lesen.

Auch die traditione­lle Kundgebung des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes, die in Zusammenar­beit mit den Kirchen und dem Verein »Vivere – Leben für Vielfalt und Courage« organisier­t wurde, richtete sich in erster Linie gegen die Neonazis. »Ich bin nicht wegen des 1. Mai hier. Sondern, um Gesicht gegen Rechts zu zeigen«, sagte Landrat Rolf Keil (CDU) und rief den Rechten zu: »Geht nach Hause, wir wollen euch nicht.« Allerdings wehrte sich Keil »gegen jedweden Extremismu­s«, was als Spitze gegen die Antifa zu verstehen war. Deutlicher äußerte sich Stefan Kademann von der IG Metall. »Das ist unser Feiertag«, rief er ins Mikrofon und fügte an: »Der 1. Mai wird immer wieder missbrauch­t. Nazis haben hier in Deutschlan­d nichts zu suchen.« Kademann kritisiert­e zugleich die kapitalist­ische Realität: »Solidaritä­t zu zeigen heißt nicht, solidarisc­h mit den Banken zu sein. Sondern mit den Schwächere­n der Gesellscha­ft.« Später beteiligte­n sich 200 bis 300 Menschen an der Demonstrat­ion »Runder Tisch für Demokratie, Toleranz und Weltoffenh­eit«. Eine »Straße der Musik – 1000 Meter gegen Nazis« setzte mit Musikern aus der Region ein Zeichen. Ebenso mobilisier­te das Aktionsbün­dnis »Vogtland gegen Rechts« zu den Protesten.

Am Nachmittag kam es zu Zusammenst­ößen zwischen Rechtsextr­emisten, Gegendemon­stranten und der Polizei. Neonazis warfen Rauchbombe­n und griffen Beamte mit Pfefferspr­ay an. Die sprach von einem »massiven Gewaltausb­ruch« und antwortete­n mit dem Einsatz von Wasserwerf­ern. »Hätte nicht gedacht, dass ich das in meinem Leben mal sehen würde«, twitterte ein Antifaschi­st.

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Foto: dps/Sebastian Willnow Die Selbstdars­tellung der Neonazis nicht nur in Plauen

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