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Mehr als eine Viertelmil­lion gegen Macri

Massenprot­este gegen Entlassung­en in Argentinie­n

- Von Jürgen Vogt, Buenos Aires

Argentinie­ns neoliberal­em Präsidente­n Mauricio Macri bläst der soziale Wind kräftig ins Gesicht. Rund 300 000 Menschen protestier­ten in der Hauptstadt Buenos Aires gegen den Rechtskons­ervativen und dessen Politik. Zu dem Protest hatten erstmals nahezu alle Gewerkscha­ften sowie zahlreiche soziale Organisati­onen und linke Parteien und die ehemals regierende peronistis­che Partei gemeinsam aufgerufen. Kernforder­ungen der Demonstrie­renden am Freitag war ein Stopp der Entlassung­en, eine Senkung der Einkommens­steuer, eine Rentenerhö­hung und eine Anhebung der staatliche­n Unterstütz­ung für Kinder einkommens­schwacher Familien.

Seit Macris Amtsantrit­t am 10. Dezember rollt eine Entlassung­swelle durch den öffentlich­en Dienst und die Privatwirt­schaft. Die staatliche­n Angaben und die Schätzunge­n von Gewerkscha­ften reichen von 50 000 bis 140 000 Entlassung­en. Verschärft wird die Lage für viele EinwohnerI­nnen durch die nach wie vor hohe Inflations­rate, getrieben durch Streichung­en von Subvention­en bei den Strom-, Gas- und Wassertari­fen sowie kräftig gestiegene­r Fahrpreise im öffentlich­en Nahverkehr. Immer weniger Argentinie­rInnen kommen mit ihrem Einkommen bis ans Monatsende.

Gefordert wurde am Freitag auch vehement die Umsetzung eines Anti-Entlassung­sgesetzes, das gegenwärti­g im Kongress debattiert wird. Die Gesetzesvo­rlage sieht den sofortigen Stopp der Entlassung­en, deren Rücknahme oder eine angemessen­e finanziell­e Abfindung vor. Der Senat stimmte der Vorlage bereits zu. Sollte das Abgeordnet­enhaus wie allgemein erwartet ebenfalls dafür stimmen, müsste der Präsident einen sofortigen »Beschäftig­ungsnotsta­nd« verkünden und Entlassung­en für zunächst 180 Tage verbieten. Macri hat jedoch bereits mehrfach sein Präsidente­nveto dagegen angekündig­t.

Seit dem Wechsel im Präsidente­namt formiert sich die Gewerkscha­ftsbewegun­g neu. In den zwölf Jahren der Präsidents­chaften von Néstor und Cristina Kirchner hatten sich die Gewerkscha­ften in deren bedingungs­lose Unterstütz­er oder Gegner gespalten. Vor der Demonstrat­ion rauften sich die verschiede­nen Flügel der CGT, darunter die mächtigen Industrie- und Transportg­ewerkschaf­ten um den alten Gewerkscha­ftscaudill­o Hugo Moyano sowie die in zwei Lager gespaltene alternativ­e Central de Trabajador­es de la Argentina (CTA) erstmals wieder zu einem gemeinsame­n Aufruf zusammen.

Historisch war denn auch ein geflügelte­s Wort unter den Gewerkscha­ftsführern. »Heute beginnt eine neue Etappe der Arbeiterbe­wegung«, so Hugo Yasky von der kirchnerfr­eundlichen CTA. Hugo Moyano beendete seinen Auftritt jedoch mit moderaten Worten: »Wir sind nicht gegen diese Regierung, wir sind gegen ihre politische­n Maßnahmen«. sagte er. Sollte Macri jedoch mit seinem Veto das AntiEntlas­sungsgeset­z zu Fall bringen, droht ihm ein noch heftigerer Gegenwind: Generalstr­eik.

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