Ein Ermittlerstar verblasst
Eisenacher Polizeiführer musste erneut vor den Erfurter Untersuchungsausschuss
Michael Menzel galt lange Zeit als der »Held«, der die NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt fasste. Tot, aber immerhin. Inzwischen ist dieser Nimbus beschädigt. Diesmal gab er sich manchmal sogar demütig. Eine Frage war schon drei Mal gestellt worden, Michael Menzel antwortete noch mal. Sachlich. Nicht mal die ständigen, von Verschwörungstheorien getriebenen Nachfragen des AfD-Mannes im Ausschuss, Jörg Henke, zu waffentechnischen Details brachte Menzel aus der Fassung. Auch nicht die Nachfragen der Linksabgeordneten Katharina König zu einem Batterieladegerät, das manche Beamte am 4. November 2011 in Eisenach für eine Sprengfalle hielten.
Wie anders dieser Auftritt Menzels doch im Vergleich zu dem vor ziemlich genau zwei Jahren vor dem Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss war! Schon damals hatte der Polizeiführer als Zeuge ausgesagt um zu erklären, was die Polizei tat, als die Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos tot in einem Wohnmobil in Eisenach-Stregda gefunden worden waren – und die Terrorzelle NSU damit aufflog. Menzel war damals Einsatzleiter.
Die öffentliche Sicht auf Menzel ist heute eine andere als bei seinem ersten Auftritt. Vor zwei Jahren war Menzel noch ein strahlender Held. Ihm allein, so schien es, war gelungen, was Polizisten und Nachrich- tendienstlern in Deutschland über mehr als zehn Jahre hinweg nicht gelungen war: Mundlos, Böhnhardt und damit irgendwie auch ihre mutmaßliche Komplizin Beate Zschäpe zu fassen. Menzel ließ sich dafür feiern.
Dann kamen in der weiteren Arbeit des Ausschusses die Zeugenaussagen auf, gegen die sich Menzel am Donnerstag in Erfurt verteidigen musste. Bis zum Bundestagsausschuss hatten sich Zweifel an der Richtigkeit seiner Entscheidungen rumgesprochen. Das zwang ihn, zu sagen, dass das, was er im November 2011 angeordnet hat, doch »alternativlos« gewesen sei. Immerhin habe er ja den gesamten 4. November über wieder und wieder zwischen widerstreitenden Interessen abwägen müssen. Überhaupt seien seine Entscheidungen doch auch »der Garant« dafür gewesen, dass bei einem mutmaßlichen Unterstützer des Nationalsozialistischen Untergrundes zwölf Stunden später »die Handschellen geklickt haben«. So anders auch der Ton und sein Auftreten vor dem Ausschuss war, so überzeugt ist Menzel noch immer davon, beim Auffliegen des Terrortrios alle wichtigen Entscheidungen richtig getroffen zu haben.
In den vergangenen Monaten dagegen hatte besonders beteiligte Polizisten und Feuerwehrleute als Zeugen vor dem Ausschuss gesagt, Menzel habe beim Auffliegen des NSU schlechte Entscheidungen getroffen. Zum Beispiel hatten Mitarbeiter der Tatortgruppe des Landeskriminalamtes erklärt, Menzel habe gegen ihren Rat das ausgebrannte Wohnmobil, in dem die Leichen von Mundlos und Böhnhardt gefunden worden waren, von Stregda aus in eine Halle schleppen lassen. Was die kriminaltechnische Untersuchung erschwert habe. Außerdem war von Ausschussmitgliedern kritisiert worden, dass Polizisten zwar eine Sprengfalle in dem Wohnmobil fürchteten – ein Batterieladegerät in seinem Inneren erschien ihnen verdächtig –, dass Menzel aber nicht wartete, bis Sprengstoffspezialisten vor Ort waren. Stattdessen legte sich Menzel fest: Das ist keine Bombe! Auch diese Entscheidung verteidigte er nun bei seinem zweiten Auftritt. Auch demütig. Er habe an einem Tatort als Polizeiführer, ein »Erkundungsrecht« ebenso wie eine »Erkundungspflicht«, sagte er. »Diese Informationsverdichtung liegt auch im Berufsrisiko eines Polizeibeamten.«
Reicht das, um den Helden-Nimbus Menzels zu retten, der inzwischen nicht mehr in einer Polizeidienststelle, sondern im Thüringer Innenministerium seinen Dienst versieht? Möglicherweise muss er noch mal vor den Ausschuss treten. Dann könnte sich diese – letztlich nicht so wichtige – Frage entscheiden. Am Donnerstag jedenfalls wurde seine Vernehmung als Zeuge nicht endgültig abgeschlossen. Stattdessen unterbrechen die Abgeordneten ihr Frage-Antwort-Spiel mit Menzel, weil sie nochmals einen Ermittler der Tatortgruppe befragen wollen, der am 4. November 2011 unter Menzel in Eisenach arbeitet.