Jobangst unbegründet
Studie: Zuwanderung steigert Gehälter der Dänen
Laut einer Studie der Universität Kopenhagen steigern Flüchtlingsströme die Gehälter schlecht qualifizierter Dänen. Die Gewerkschaften widersprechen dem. In Dänemark warnen die Gewerkschaften, der Eintritt von einer großen Zahl armer Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt werde die Arbeitslosigkeit bei schlecht qualifizierten Einheimischen steigern. Eine historische Studie der Universität Kopenhagen, die gerade im »American Economic Journal« veröffentlicht wurde, kommt zum gegenteiligen Ergebnis: Die Angst um Arbeitsplätze und Wohlstandsverlusten sei unbegründet.
»Wir untersuchten den Einfluss mehrerer großer Flüchtlingswellen nach Dänemark von 1991 bis 2008«, sagt Mitautorin Mette Foged gegenüber »nd«. Demnach hätten die früheren Flüchtlingsströme ins Land nicht zu mehr Arbeitslosigkeit bei schlecht qualifizierten Dänen geführt, so die Volkswirtin. »Im Gegenteil hat der vermehrte Druck auf niedriger qualifizierte körperliche Arbeiten dafür gesorgt, dass schlecht qualifizierte Dänen in etwas besser bezahlte Stellen aufgestiegen sind.«
Laut der Studie haben Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien, Somalia und Irak zwischen 1991 und 2008 viele Arbeiten wie Putzen oder Umzugshilfe übernommen. Unqualifizierte dänische Arbeiter haben sich daraufhin mehr spezialisiert und besser bezahlte Arbeitsstellen bekommen. »Ein vereinfachtes Beispiel: Als zunehmend Flüchtlinge putzten, stiegen Dänen, die das vorher gemacht haben, zu Organisatoren des Putzens auf«, erklärt Foged. Die Dänen nutzten zudem ihre Konkurrenzvorteile: Sie können mit den dänischen Kunden besser kom- munizieren und wissen, wie Dinge im Land organisiert werden. Dies werde oft unterschätzt, so Foged.
Der gleiche Mechanismus habe in vielen Branchen gewirkt. »Wenn die Anzahl der Flüchtlinge, die in den dänischen Arbeitsmarkt eintraten, um ein Prozent anstieg, stieg das Gehalt der Dänen im Arbeitsmarkt um 1 bis 1,8 Prozent«, erklärt die Wissenschaftlerin. Da gebe es einen klaren Zusammenhang. Zudem dürfe nicht vergessen werden, dass Flüchtlinge auch Konsumenten sind und so neue Arbeitsplätze schaffen. Allerdings ergibt die Studie auch ein differenziertes Ergebnis: Während junge schlecht qualifizierte Dänen von dem Mechanismus profitierten, hatten es ältere Arbeiter schwerer, nicht völlig verdrängt zu werden.
Dänemarks Gewerkschaften, die sich gegen neue Einwanderer aussprechen, kritisieren die Studie. Die Ergebnisse seien nicht übertragbar auf die Gegenwart. Flüchtlinge hätten heute einen eindeutig negativen Effekt auf die Arbeitsmarktstellung von schlecht qualifizierten Einheimischen, sagt Frederik Pedersen von der größten Arbeitergewerkschaft des Landes, 3F. Derzeit kämen viel mehr Flüchtlinge nach Dänemark als damals. Und die Studie untersuche eine wirtschaftlich günstige Zeitperiode, in der es trotz hoher Arbeitslosigkeit auch viele unbesetzte Stellen gab. Pedersen warnt, dass rund 500 000 unqualifizierte dänische Arbeiter durch die Flüchtlinge in der Arbeitslosigkeit oder in schlechter bezahlten Stellen landen werden.
Foged kontert: »Natürlich können historische Erfahrungen nie eins zu eins auf die Gegenwart appliziert werden. Aber es würde mich doch sehr wundern, wenn der Mechanismus des Ausweichens von dänischen Arbeitern in besser bezahlte Jobs dieses Mal nicht einsetzten sollte.«