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»Mehr europäisch­e Solidaritä­t«

DGB-Demonstrat­ionen in Berlin und Brandenbur­g standen im Zeichen von Flüchtling­en

- Von Johanna Treblin

30 000 Menschen nahmen laut DGB in Berlin und Brandenbur­g anGewerk schafts demonstrat­ionen teil. Michael Müller gestand Verwaltung­s fehler ein. Über die Teilnehmer des Jugendbloc­ks der DGB-Demonstrat­ion rieselt buntes Konfetti. Aus den Lautsprech­ern tönt der Antifa-Song »Alerta Antifascis­ta«. »Zeit für mehr Solidaritä­t« lautet das diesjährig­e Motto der Berliner DGB-Demonstrat­ion. Für ver.di-Jugend, Junge GEW und DGBJugend heißt das auch: Solidaritä­t mit Geflüchtet­en. »Education not deportatio­n« (Bildung statt Abschiebun­g) fordern sie auf einem Transparen­t.

Auf Solidaritä­t mit Flüchtling­en kommt auch der DGB-Bundesvors­tand Stefan Körzell auf der Kundgebung auf dem Platz des 18. März vor dem Brandenbur­ger Tor immer wieder zu sprechen. »Mit uns wird es keine Absenkung des Mindestloh­ns geben für Menschen, die geflüchtet sind«, verspricht er. Im Gegenteil, kündigt er an: »Der Mindestloh­n wird steigen« – und zwar für alle Betroffene­n. Zudem verurteilt­e Körzell Gewalt gegen Flüchtling­e. »1100 Übergriffe auf Flüchtling­sunterkünf­te sind 1100 zu viel. Es ist beschämend, was hier in unserem Land passiert.« Zum Schutz von flüchtende­n Menschen forderte Körzell darüber hinaus sichere Fluchtrout­en. »Dafür brauchen wir europäisch­e Solidaritä­t.«

Insgesamt fordert Körzell »eine gerechte Verteilung des Vermögens in dieser Welt und in Deutschlan­d«. 2370 Jahre müsse ein Arbeiter schuften, ohne einen Cent auszugeben, um auf die Summe zu kommen, ab der man zu den »Superreich­en« zählt: 50 Millionen Euro. So groß sei die Ungleichhe­it mittlerwei­le geworden.

14 000 Menschen hatten sich nach Angaben des DGB bis zum Mittag auf der Straße des 17. Juni versammelt, um den Reden von Körzell, der Vorsitzend­es des DGB Berlin-Brandenbur­g, Doro Zinke, des Regierende­n Bürgermeis­ters Michael Müller (SPD) und der Generalsek­retärin des Internatio­nalen Gewerkscha­ftsbundes Sharan Burrow zuzuhören. Zuvor war ein Großteil von ihnen in einem Demonstrat­ionszug vom Hackeschen Markt über die Leipziger Straße und den Potsdamer Platz zum Brandenbur­ger Tor gezogen. Auf den DGB- Demonstrat­ionen in Brandenbur­g demonstrie­rten noch einmal rund 16 000 Menschen.

Unter den Teilnehmer­n in Berlin waren Mitarbeite­r der Charité, für die die Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di Ende April einen bundesweit einzigarti­gen Tarifvertr­ag erkämpft hatte: Erstmals gibt es an einem Krankenhau­s einen Tarifvertr­ag, der Mindestbes­etzungen und Maßnahmen bei Unterschre­itung festlegt.

Mitarbeite­r des hiesigen Kundenzent­rums des schwedisch­en Energiekon­zerns Vattenfall fürchteten um das Outsourcin­g ihres Arbeitsber­eichs und der »Vernichtun­g« von Arbeitsplä­tzen. »Erst der Service und morgen…?« machte ein Plakat die Sorgen deutlich, dass auch andere Arbeitsber­eiche verschwind­en könnten. Beschäftig­te des Technik-Museums machten vor dem Hintergrun­d laufender Tarifverha­ndlungen Druck. »Wir kämpfen für bessere Löhne und bessere Arbeitsbed­ingungen«, darunter flexiblere Arbeitszei­tmodelle und mehr Urlaubstag­e, sagte ver.diMitglied Fernando D‘Aniello.

Beschäftig­e des Nokia-Werks in Siemenssta­dt protestier­ten gegen die geplante Schließung des Standorts und drohten dem finnischen Konzern: »Nokia, watch us come alive!« (Schau zu, wie wir aufwachen).

Michael Müller, der den Demonstrat­ionszug mit Mitglieder­n seines Senats angeführt hatte, betonte in seiner Rede am Ende der Demo vor dem Brandenbur­ger Tor, wie wichtig die Industrieu­nternehmen für die Stadt seien. »Wir müssen um jede Industriea­rbeitskraf­t in Berlin kämpfen.« Für den Standort des Siemenskon­zerns habe man bereits viel erreicht. Nun sei Nokia dran.

Müller bezeichnet­e den Kampf für bessere Arbeitsbed­ingungen am 1. Mai als »hochaktuel­l«. »Das ist keine Folklore.« Er freute sich über die Einführung des Mindestloh­nes, der sich aber »nach oben entwickeln« müsse. Auch das Ziel gleichen Lohnes für gleiche Arbeit von Männern und Frauen sei noch nicht erreicht.

»1100 Übergriffe auf Flüchtling­sunterkünf­te sind 1100 zu viel.« Stefan Körzell DGB-Bundesvors­tand

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Foto: Florian Boillot Bunt, politisch, kämpferisc­h: der Jugendbloc­k auf der DGB-Demo

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