»Mehr europäische Solidarität«
DGB-Demonstrationen in Berlin und Brandenburg standen im Zeichen von Flüchtlingen
30 000 Menschen nahmen laut DGB in Berlin und Brandenburg anGewerk schafts demonstrationen teil. Michael Müller gestand Verwaltungs fehler ein. Über die Teilnehmer des Jugendblocks der DGB-Demonstration rieselt buntes Konfetti. Aus den Lautsprechern tönt der Antifa-Song »Alerta Antifascista«. »Zeit für mehr Solidarität« lautet das diesjährige Motto der Berliner DGB-Demonstration. Für ver.di-Jugend, Junge GEW und DGBJugend heißt das auch: Solidarität mit Geflüchteten. »Education not deportation« (Bildung statt Abschiebung) fordern sie auf einem Transparent.
Auf Solidarität mit Flüchtlingen kommt auch der DGB-Bundesvorstand Stefan Körzell auf der Kundgebung auf dem Platz des 18. März vor dem Brandenburger Tor immer wieder zu sprechen. »Mit uns wird es keine Absenkung des Mindestlohns geben für Menschen, die geflüchtet sind«, verspricht er. Im Gegenteil, kündigt er an: »Der Mindestlohn wird steigen« – und zwar für alle Betroffenen. Zudem verurteilte Körzell Gewalt gegen Flüchtlinge. »1100 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte sind 1100 zu viel. Es ist beschämend, was hier in unserem Land passiert.« Zum Schutz von flüchtenden Menschen forderte Körzell darüber hinaus sichere Fluchtrouten. »Dafür brauchen wir europäische Solidarität.«
Insgesamt fordert Körzell »eine gerechte Verteilung des Vermögens in dieser Welt und in Deutschland«. 2370 Jahre müsse ein Arbeiter schuften, ohne einen Cent auszugeben, um auf die Summe zu kommen, ab der man zu den »Superreichen« zählt: 50 Millionen Euro. So groß sei die Ungleichheit mittlerweile geworden.
14 000 Menschen hatten sich nach Angaben des DGB bis zum Mittag auf der Straße des 17. Juni versammelt, um den Reden von Körzell, der Vorsitzendes des DGB Berlin-Brandenburg, Doro Zinke, des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) und der Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbundes Sharan Burrow zuzuhören. Zuvor war ein Großteil von ihnen in einem Demonstrationszug vom Hackeschen Markt über die Leipziger Straße und den Potsdamer Platz zum Brandenburger Tor gezogen. Auf den DGB- Demonstrationen in Brandenburg demonstrierten noch einmal rund 16 000 Menschen.
Unter den Teilnehmern in Berlin waren Mitarbeiter der Charité, für die die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Ende April einen bundesweit einzigartigen Tarifvertrag erkämpft hatte: Erstmals gibt es an einem Krankenhaus einen Tarifvertrag, der Mindestbesetzungen und Maßnahmen bei Unterschreitung festlegt.
Mitarbeiter des hiesigen Kundenzentrums des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall fürchteten um das Outsourcing ihres Arbeitsbereichs und der »Vernichtung« von Arbeitsplätzen. »Erst der Service und morgen…?« machte ein Plakat die Sorgen deutlich, dass auch andere Arbeitsbereiche verschwinden könnten. Beschäftigte des Technik-Museums machten vor dem Hintergrund laufender Tarifverhandlungen Druck. »Wir kämpfen für bessere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen«, darunter flexiblere Arbeitszeitmodelle und mehr Urlaubstage, sagte ver.diMitglied Fernando D‘Aniello.
Beschäftige des Nokia-Werks in Siemensstadt protestierten gegen die geplante Schließung des Standorts und drohten dem finnischen Konzern: »Nokia, watch us come alive!« (Schau zu, wie wir aufwachen).
Michael Müller, der den Demonstrationszug mit Mitgliedern seines Senats angeführt hatte, betonte in seiner Rede am Ende der Demo vor dem Brandenburger Tor, wie wichtig die Industrieunternehmen für die Stadt seien. »Wir müssen um jede Industriearbeitskraft in Berlin kämpfen.« Für den Standort des Siemenskonzerns habe man bereits viel erreicht. Nun sei Nokia dran.
Müller bezeichnete den Kampf für bessere Arbeitsbedingungen am 1. Mai als »hochaktuell«. »Das ist keine Folklore.« Er freute sich über die Einführung des Mindestlohnes, der sich aber »nach oben entwickeln« müsse. Auch das Ziel gleichen Lohnes für gleiche Arbeit von Männern und Frauen sei noch nicht erreicht.
»1100 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte sind 1100 zu viel.« Stefan Körzell DGB-Bundesvorstand