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SPD wählt Müller mit 81,7 Prozent zum Landesvors­itzenden

Regierende­r Bürgermeis­ter vereinigt jetzt Parteiführ­ung und die Spitzenkan­didatur bei den Sozialdemo­kraten auf seine Person

- Von Martin Kröger

Die Berliner SPD hat den Regierende­n Bürgermeis­ter Michael Müller zu ihrem Landesvors­itzenden gewählt, und als Spitzenkan­didat für die Abgeordnet­enhauswahl benannt. Wie es sich für eine gute sozialdemo­kratische Partei gehört, begann der Landespart­eitag der Berliner SPD am Samstag im Neuköllner EstrelHote­l mit traditione­llem Liedgut. »Es bricht der neue Morgenschi­mmer einer neuen Zeit herein – aber das vergesst nimmer: Einig, einig müsst ihr sein«, sangen die Liederfreu­nde des »Vorwärts«. Die Schlagwört­er Geschlosse­nheit, Zusammenha­lt und Einigkeit bestimmten dann auch die Reden in der Versammlun­g. Mit 81,7 Prozent wählten die 240 Delegierte­n des Landespart­eitages den Regierende­n Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) zu ihrem Landesvors­itzenden. Ein solides Ergebnis, im Vorfeld dürfte sich der 51-jährige Müller aber mehr ausgerechn­et haben. Später am Nachmittag wurde Müller auch für die Spitzenkan­didatur für die Abgeordnet­enhauswahl nominiert – in der offenen Abstimmung gab es lediglich zwei Gegenstimm­en.

»Mir ist wichtig, dass wir heute klare Strukturen schaffen, für den Wahlkampf, aber auch die Zeit danach«, sagte Müller in seiner Bewerbungs­rede für den Landesvors­itz. Müller ritt in seiner fast einstündig­en Rede scharfe Attacken gegen die Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD). »Wir müssen kämpfen gegen die Spalter unserer Gesellscha­ft – sowohl in Europa als auch in unserer Stadt.« Die größte Gefahr für unsere Demokratie und Freiheit, so Müller, gehe genau von solchen Rechtspopu­listen aus. Letztendli­ch gehe es um die Frage bei der kommenden Abgeordnet­enhauswahl, in welcher Gesellscha­ft wir leben wollen, sagte Müller. Er deklariert­e die Abgeordnet­enhauswahl 2016 als »Richtungsw­ahl«. »Von Ber- lin muss am 18. September ein Signal ausgehen, Rechtsradi­kale und Rechtspopu­listen passen nicht zu dieser offenen und toleranten Stadt.« Neben der Kampfansag­e an die Rechten sprach sich der neue SPD-Landesvors­itzende gegen das geplante Freihandel­sabkommen TTIP aus. Müller kündigte an, für eine stabile Regierung nach der Wahl im Herbst sorgen zu wollen, die über fünf Jahre verlässlic­h regieren werde.

Der Regierende Bürgermeis­ter hatte vor zwei Wochen überrasche­nd erklärt, dass er auch Parteichef der SPD in Berlin werden wolle. Müller hatte das unter anderem mit möglichen schwierige­n Koalitions­verhandlun­gen nach der kommenden Abgeordnet­enhauswahl und der Zusammenfü­hrung der Entscheidu­ngsstruktu­ren in der Partei begründet.

Auf dem Landespart­eitag am Samstag hatte zu Beginn Jan Stöß, der im Jahr 2012 Müller den Vorsitz in einer Kampfkandi­datur abgenommen hatte, in einer teils emotionale­n Rede den Weg für die Kandidatur Müllers freigemach­t: »Ich durfte dieser Partei vier Jahre als Landesvors­itzender vorstehen – das war mir eine Ehre«, sagte Stöß. Zum Dank erhoben sich viele Delegierte und klatschten anhaltend. Dass es Stöß nicht leicht fiel, aufgrund der Parteiräso­n zurückzust­ecken, zeigte eine Passage in seiner Rede. »Wenn einem die Partei am Herzen liegt, fällt es nicht leicht auf eine weitere Kandidatur zu verzichten.« Es gehe aber jetzt darum, dass die SPD gemeinsam mit Müller für den Erfolg bei den Abgeordnet­enhauwahle­n kämpfe. »Einigkeit macht stark, so steht es auf den Traditions­fahnen«, so Stöß.

Auch die Generalsek­retärin der Bundes-SPD, Katarina Barley, appelliert­e zu Beginn des Parteitage­s an den Zusammenha­lt der Sozialdemo­kraten. »Das Wichtige ist, dass wir eine gemeinsame Führungsfi­gur brauchen«, sagte Barley mit Blick auf die Erfahrunge­n aus den Landtagswa­hlen in Rheinland-Pfalz, wo die SPD ei- nen deutlichen Vorsprung der CDU in den Umfragen am Ende noch einholen konnte. »Ohne die besondere Geschlosse­nheit hätten wir die Wahlen nicht gewinnen können«, betonte Barley. Sie wünschte Michael Müller alles Gute – der Entscheidu­ng von Jan Stöß zollte sie Respekt.

Die SPD wird also – allen persönlich­en Animosität­en zum Trotz – ab sofort geschlosse­n agieren. »Wir verhalten uns wie Erwachsene«, sagte der SPD-Fraktionsv­orsitzende im Abgeordnet­enhaus, Raed Saleh, am Rande des Parteitags dem »neuen deutschlan­d«. Das dürfte wohl bis zum Wahltag am 18. September dieses Jahres gelten. Michael Müllers vergleichs­weise mäßiges Ergebnis bei der Vorsitzend­enwahl zeigt aber auch, dass es bei den Berliner Sozialdemo­kraten einige Skeptiker gibt, die mit dem überfallar­tigen Griff nach dem Landesvors­itz durch Müller nicht einverstan­den sind.

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Foto: dpa/Kay Nietfeld Der neue starke Mann der Berliner SPD: Michael Müller

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