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Um Himmels Willen …

Schleswig-Holstein streitet über Gott in der Verfassung

- Von Dieter Hanisch, Kiel

In Schleswig-Holstein wird vehement, aber sachlich darüber diskutiert, ob in die Präambel der Landesverf­assung ein Gottesbezu­g hineingehö­rt oder nicht. In der erst im Herbst 2014 beschlosse­nen aktuellen Fassung ist keiner vorhanden. Nun hat eine Volksiniti­ative mit über 40 000 Unterschri­ften für eine erneute Debatte darüber im Kieler Landtag gesorgt.

Eine Änderung bedarf einer Zweidritte­lmehrheit mit mindestens 46 Stimmen, doch die zeichnet sich derzeit noch nicht ab. Unter den sechs Parteien im Landesparl­ament gibt es in dieser Frage keinen Fraktionsz­wang. Einen interfrakt­ionellen Antrag mit einer neuen Kompromiss­formel, die lautet »In Achtung der Verantwort­ung, die sich aus dem Glauben an Gott oder aus anderen universell­en Quellen gemeinsame­r Werte ergibt (…)« haben 31 Parlamenta­rier bereits unterschri­eben. Die Gegenlinie dazu vertreten die Piraten, die eine Trennung von Staat und Religion für geboten halten und Glauben zur Privatsach­e erklären. Etliche Abgeordnet­e plädieren für eine breit angelegte Toleranzfo­rmel. Anke Erdmann (Grüne) wünscht sich statt einer Kompromiss­formel nicht den kleinsten, sondern den stärksten gemeinsame­n Nenner.

Bei SPD, Grünen, FDP und der Partei der dänischen Minderheit, dem Südschlesw­igschen Wählerverb­and (SSW), gibt es unter den Mandatsträ­gern sowohl die Proals auch die Kontrahalt­ung. Die Piraten sind geschlosse­n für die Beibehaltu­ng der aktuellen Präambel. Diese beruft sich auf die »Grundlage der unverletzl­ichen und unveräußer­lichen Menschenre­chte als Fundament jeder menschlich­en Gemeinscha­ft, des Friedens und der Gerechtigk­eit«. Bei der CDU hat es laut Fraktionsv­orsitzende­m Daniel Günther gar eine Probeabsti­mmung gegeben, demnach alle 22 Abgeordnet­en die neu vorgeschla­gene Kompromiss­formel tragen.

Zu den Befürworte­rn mit Gottesbezu­g zählen Ministerpr­äsident Torsten Albig und SPD-Fraktionsc­hef Ralf Stegner (beide SPD), ein nicht unerheblic­her Teil der Sozialdemo­kraten ist jedoch dagegen. Eine prominente Gegenposit­ion nimmt FDP-Vordermann Wolfgang Kubicki ein, »obwohl ich überzeugte­r Christ bin«. Die erneute parlamenta­rische Behandlung landet nun im Innen- und Rechtsauss­chuss, verbunden mit einer Anhörung. Spannend wird es im Juni in der zweiten Lesung – dann mit Abstimmung im Plenum. Scheitert der interfrakt­ionelle Vorstoß, besteht für die Initiatore­n die Möglichkei­t, auf einen Volksentsc­heid hinzuarbei­ten. Zu den »Motoren« dort gehören die evangelisc­he und katholisch­e Kirche, jüdische Vertreter, aber auch die Islamische Religionsg­emeinschaf­t.

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