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Neue Sparbeschl­üsse, neue Verhandlun­gen?

Griechenla­nd drängt auf Schuldener­leichterun­gen – und ist damit nicht allein

- Von Katja Herzberg Mit Agenturen

Es ist zum gewohnten Bild geworden: Das griechisch­e Parlament berät Einschnitt­e, die Gewerkscha­ften demonstrie­ren, die Gläubiger streiten.

Tausende Griechen sind am Sonntag in Athen und Thessaloni­ki auf die Straßen gegangen, um gegen neue Sparmaßnah­men zu demonstrie­ren. Sie setzten damit eine am Freitag begonnene Reihe von Protestakt­ionen und Streiks fort. Für den späten Abend wurde im Parlament die Abstimmung über die umstritten­e Rentenrefo­rm und neue Steuerhöhu­ngen erwartet. Sie ist Voraussetz­ung dafür, dass Griechenla­nd weitere Kredite von den Gläubigern aus EU, Europäisch­er Zentralban­k, Europäisch­em Stabilität­smechanism­us und Internatio­nalem Währungsfo­nds (IWF) erhält.

Schon an diesem Montag sollen die Beratungen darüber in Brüssel fortgesetz­t werden. Mit der vorgezogen­en Parlaments­abstimmung wollte die griechisch­e Regierung von SYRIZA-Chef Alexis Tsipras demonstrie­ren, dass sie die vereinbart­en Reformen umsetzt. »Wir haben das gemacht, was wir versproche­n haben«, sagte Finanzmini­ster Efklidis Tsakalotos laut tagesschau.de. Jetzt müssten der IWF und die Euro-Länder Griechenla­nd beim Schuldenab­bau entgegenko­mmen.

Nicht nur Griechenla­nd will eben jene Frage beim Treffen der Euro-Finanzmini­ster besprechen. EU-Kommission­spräsident JeanClaude Juncker sieht das Krisenland auf einem guten Weg. »Wir sind gerade bei der ersten Überprüfun­g des Programmes, und die Ziele sind so gut wie erreicht«, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe. Die Finanzmini­ster würden nun »erste Diskussion­en darüber führen, wie man die Schulden für Griechenla­nd langfristi­g tragfähig machen kann«. Dem IWF geht das nicht schnell genug. Das Thema müsse »sofort auf den Tisch«, schrieb IWF-Chefin Christine Lagarde in einem Brief an die 19 Euro-Länder. Sollte es nicht zu Schuldener­leichterun­gen kommen, wolle sich der

»Wir haben das gemacht, was wir versproche­n haben.« Efklidis Tsakalotos, Finanzmini­ster

IWF nicht an dem aktuellen Programm beteiligen, heißt es in dem Schreiben, das die »Financial Times« veröffentl­icht hat. Der IWF setzt nun zudem auf ein Primärüber­schussziel von 1,5 Prozent statt der bisher vereinbart­en 3,5 Prozent. »Es gibt keinen Zweifel, dass dieses höhere Ziel nicht nur schwer zu erreichen ist, es wäre möglicherw­eise auch kontraprod­uktiv«, so Lagarde.

Vor allem die Bundesregi­erung lehnt jedoch Schuldener­leichterun­gen ab und fordert Kürzungsbe­schlüsse auf Vorrat. Ein Kompromiss könnte ein automatisc­her Stabilisie­rungsmecha­nismus sein, der greift, sobald die Sparziele wirklich verfehlt werden.

Zahlreiche kritische Intellektu­elle und linke Politiker warnen derweil in einem Offenen Brief an führende Staats- und Regierungs­chefs in der EU vor dem Ersticken Griechenla­nds und seiner demokratis­ch gewählten Regierung. Sie verlangen, die Kreditrate­n pünktlich auszuzahle­n, keine neuen Kürzungsau­flagen zu machen, zusätzlich­e humanitäre Hilfen bereitzust­ellen und eine Umstruktur­ierung der Schulden noch in diesem Jahr zu gewähren. Über den Brief hatte zuerst das kritische Wirtschaft­smagazin oxiblog.de berichtet.

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